Die 1. Legislaturperiode des Bayerischen Landtags steht ganz im Zeichen des staatlichen Neuaufbaus nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Herrschaftssystems und der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Viele drängende Probleme gilt es zu lösen. Ernährungslage, Wohnungsnot, Flüchtlingsproblematik und Fragen im Zusammenhang mit der Entnazifizierung stehen im Mittelpunkt der Debatten und Entscheidungen des Landtags. Daneben stellt die Neuerrichtung staatlicher Institutionen einen weiteren Arbeitsschwerpunkt des Parlaments dar. Die Entscheidungen im Zusammenhang mit der staatlichen Neuordnung Deutschlands rücken spätestens seit 1948 immer stärker in den Vordergrund.
Am 1. Dezember 1946 beginnt mit der Volksabstimmung über die Verfassung und mit der gleichzeitig stattfindenden Landtagswahl eine neue Ära bayerischer Staatlichkeit. Mit 70,6% der Stimmen nimmt das bayerische Volk die Verfassung an, die am 8. Dezember in Kraft tritt.
Bei den ersten Landtagswahlen erzielt die CSU mit 52,3% der Stimmen (104 Mandate) einen deutlichen Erfolg. Die SPD erreicht 28,6% (54 Mandate), die WAV 7,4% (13 Mandate), die KPD 6,1% und die FDP 5,6% (9 Mandate). Die KPD ist nicht im Parlament vertreten, da sie an der Zehnprozent-Hürde auf Wahlkreisebene scheitert.
Erster Landtagspräsident wird Michael Horlacher (CSU), dem im Februar 1950 Georg Stang (CSU) nachfolgt. Der bisherige Ministerpräsident Wilhelm Hoegner (SPD) erklärt aufgrund des klaren CSU-Wahlsiegs seinen Rücktritt.
Wegen heftiger parteiinterner Flügelkämpfe in der CSU gestaltet sich die Regierungsbildung schwierig: Nachdem der Parteichef Josef Müller bei der Wahl zum Ministerpräsidenten gescheitert ist, wird schließlich Hans Ehard (CSU) gewählt. Er bildet ein Kabinett aus CSU, SPD und WAV.
Die Anfangsphase der Legislaturperiode wird von verschiedenen Ereignissen geprägt: der Münchner Ministerpräsidentenkonferenz aller deutschen Länder, auf der die Abreise der Länderchefs aus der SBZ eine Ahnung von der kommenden staatlichen Teilung Deutschlands gibt, und der Entlassung des Sonderministers Alfred Loritz (WAV) durch Ehard. Loritz` Entlassung und anschließende Verhaftung (Verdacht auf Schwarzhandel) führt zur Dezimierung der WAV-Fraktion, die in den kommenden Legislaturperioden nicht mehr im Parlament vertreten ist.
Ein folgenschweres Ereignis stellt für die CSU der Rücktritt Joseph Baumgartners vom Amt des Landwirtschaftsministers dar. Der populäre Politiker wird wenig später Vorsitzender der Bayernpartei, deren Konkurrenz der CSU bei der kommenden Wahl existenzielle Probleme bereitet.
Im September 1947 scheidet die SPD aus der Regierung aus. Ehard bildet ein reines CSU-Kabinett, in dem nun auch Parteichef Josef Müller (Justiz) ein Ressort übernimmt. Wesentlicher Gegenstand der Verhandlungen des Bayerischen Landtags wird in der Folge die Gründung eines westdeutschen Teilstaats: Tumulte gibt es im Plenum bei der Wahl der 13 bayerischen Vertreter für den Parlamentarischen Rat in Bonn (25. August 1948), weil der inzwischen zum BP-Vorsitzenden avancierte Baumgartner das lasche Auftreten der bayerischen Vertreter beim Wirtschaftsrat in Frankfurt moniert und für seine (nicht im Parlament vertretene!) Partei vier Sitze im Parlamentarischen Rat verlangt.
Legendär geworden ist aber vor allem die Marathonsitzung am 19./20. Mai 1949, in der der Landtag das Grundgesetz mit 101 zu 63 Stimmen ablehnt, gleichzeitig aber die Rechtsverbindlichkeit der neuen westdeutschen Verfassung für Bayern mit 97 Ja-Stimmen bei 70 Enthaltungen und nur wenigen Gegenstimmen akzeptiert, sofern das Grundgesetz in den anderen deutschen Ländern eine entsprechende Mehrheit fände.
Landespolitisch steht in den Jahren 1948 bis 1950 immer wieder die konservative Schulpolitik des Kultusministers Alois Hundhammer (CSU) im Mittelpunkt der Debatten. So hebt Hundhammer etwa das von seinem Vorgänger Franz Fendt (SPD) erlassene Züchtigungsverbot wieder auf. Auch der Konfessionalisierung des Schulwesens redet er das Wort, da sie angeblich auch von der evangelischen Bevölkerung gewünscht sei. Den Vorstellungen der US-Militärregierung zur Reorganisation des Schulwesens nach amerikanischem Vorbild stellt sich der Minister entschieden entgegen, wenngleich er zumindest die Schulgeld- und Lernmittelfreiheit akzeptieren muss.
Peter Jakob Kock, Der Bayerische Landtag. Eine Chronik, Würzburg 1996, S. 28-77; Reinicke, Landtag und Regierung im Widerstreit, S. 180-207, 279-285, 309-315, 385-395, 442-445, 483-485, 507-511, 515-520; Wahlanalyse bei Hartmann, S. 550 f.