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Der Landtag 1958-1962 (4. Legislaturperiode) < >

Sitzungsdauer: 04.12.1958-25.10.1962
Hans Ehard nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten
Hans Ehard nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten
27.01.1960, Fotografie
© unbekannt

Die Landtagswahl vom 23. November 1958 bringt die CSU in unmittelbare Nähe der absoluten Mehrheit (45,6% und 101 Mandate). Auch die SPD legt zu (30,8% und 64 Mandate), während die kleinen Parteien, die den Sprung ins Parlament über die Zehnprozent-Hürde in einem Wahlkreis geschafft haben, allesamt Einbußen hinnehmen müssen - ein Ergebnis, das dem Konzentrationsprozess in der Parteienlandschaft auf Bundesebene entspricht. GB/BHE erhalten 8,6% (17 Mandate), die Bayernpartei erreicht 8,1% (14 Mandate) und die FDP 5,6% (8 Mandate).
Der bisherige Ministerpräsident Hanns Seidel (CSU) wird am 9. Dezember 1958 vom Landtag mit 120 Stimmen erneut gewählt. Seine Regierung stützt sich neben der CSU-Fraktion auf GB/BHE und die FDP. Mit der SPD war von vorneherein eine Zusammenarbeit ausgeschlossen worden. Einer Kooperation mit der Bayernpartei stehen befürchtete juristische "Nachbeben" wegen der Spielbankenaffäre im Weg. In den Mittelpunkt seiner Regierungserklärung rückt Seidel im Januar 1959 die Absicht der Staatsregierung, Bayern industriell und infrastrukturell weiter zu modernisieren.
Die Selbstanzeige eines beteiligten Kaufmannes bringt Ermittlungen gegen den Bayernpartei-Vorsitzenden Joseph Baumgartner und andere BP-Politiker im Zusammenhang mit der Vergabe der Spielbanken-Konzessionen ins Rollen. Im Februar 1959 hebt der Landtag die Immunität des BP-Chefs auf.
Im Prozess, der schon im August 1959 abgeschlossen wird, kann man Baumgartner und dem ehemaligen Innenminister August Geislhöringer (BP) Bestechung nicht nachweisen. Allerdings deutet man Ungereimtheiten und Widersprüche in den Aussagen der beiden Politiker vor dem Untersuchungsausschuss der zurückliegenden Legislaturperiode als Meineide und verhängt drakonische Strafen. Baumgartner erhält zwei Jahre Zuchthaus, zudem werden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte für fünf Jahre aberkannt.
Die Urteile werden in den Pressekommentaren als hart bezeichnet. 1960 werden sie vom Bundesgerichtshof aufgehoben, der Schuldspruch an sich bleibt aber unangetastet. Die Affäre markiert das Ende der parlamentarischen Bedeutung der Bayernpartei, die zwar 1962 noch einmal knapp den Sprung in den Landtag schafft, aber dann in die Bedeutungslosigkeit fällt.
Der Tod des Ministerpräsidenten Hanns Seidel am 5. August 1961 ist ein einschneidendes Ereignis. Der in allen politischen Lagern hoch geachtete Politiker hatte sein Amt schon im Januar 1960 aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt und seiner Fraktion den früheren Ministerpräsidenten Hans Ehard als Nachfolger empfohlen - möglicherweise auch, um eine polarisierende Kandidatur Alois Hundhammers zu vermeiden. Der bisherige Landtagspräsident Hans Ehard wird am 26. Januar 1960 zum Ministerpräsidenten gewählt und bildet in der Folge schon zum vierten Mal eine Regierung, die in ihrer Zusammensetzung fast identisch mit dem Kabinett Seidel ist. Neuer Präsident des Bayerischen Landtags wird Rudolf Hanauer (CSU).
Inhaltlich prägen kultur- und wissenschaftspolitische Themen die zweite Hälfte der Legislaturperiode: Das Privatschulleistungsgesetz - von allen Fraktionen getragen - bietet den privaten schulischen Einrichtungen eine finanzielle Basis. Fast einmütig wird auch das Schulverbandsgesetz im Plenum verabschiedet, das es ermöglicht, kleine Dorfschulen zu größeren Verbänden zusammenzuführen.
Ein Problem bleibt der gravierende Lehrermangel in Bayern, der gegen Ende der Legislaturperiode aufgrund einer Interpellation der SPD-Fraktion thematisiert wird. Kultusminister Maunz (CSU) will verstärkt für den Lehrerberuf werben.
Erstmals im Gespräch ist im Dezember auch die Gründung eines "Hauses der Bayerischen Geschichte" (HdBG), wofür sich SPD und Bayernpartei in Anträgen stark machen. 1962 greift die Staatsregierung die Idee auf und beschließt die Unterbringung eines solchen Hauses auf dem Gelände des ehemaligen Armeemuseums am Hofgarten, zusammen mit der Staatskanzlei. Es dauert allerdings noch bis 1983, bis das HdBG als Behörde organisiert wird.
Der Wissenschaftsstandort Bayern wird durch die Gründung einer vierten Universität gestärkt: Mit großer Mehrheit entscheiden sich die Abgeordneten am 10. Juli 1962 für Regensburg als Standort.

Peter Jakob Kock, Der Bayerische Landtag. Eine Chronik. Würzburg 1996, S. 125-147; Reinicke, Landtag und Regierung im Widerstreit, S. 259-263, 296-303, 324-327, 419-423

Gesetzgebung:

26.11.1959: Novellierung des Bayerischen Rundfunkgesetzes: Stärkung des Einflusses der Parteien im Rundfunkrat und Ausweitung seiner Kompetenzen
17.12.1959: Drittes Abschlussgesetz zur politischen Befreiung (Ende der Entnazifizierungsmaßnahmen)
07.07.1960: Bayerisches Beamtengesetz
17.05.1961: Beschluss des Landtages, die Staatsregierung möge gegen die "immer größer werdende Gefahr sittengefährdender Filme" vorzugehen
14.12.1961: Gesetz über die öffentliche Schluckimpfung gegen Kinderlähmung (Bayern ist das erste Bundesland!)
14.05.1962: Die Gesamtdeutsche Partei (GP; bisher: BG/BHE) verliert erneut zwei Abgeordnete an die FDP (insgesamt vier seit Beginn der 4. Wahlperiode!)
26.06.1962: Mit knapper Mehrheit ratifiziert der Bayerische Landtag den Staatsvertrag über das ZDF
Bayerisches Wassergesetz einstimmig beschlossen
28.06.1962: Fast einmütig wird eine neue Bayerische Bauordnung verabschiedet

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium
Präsident: Ehard, Dr. Hans
Hanauer, Rudolf (ab 27.01.1960)
1.Vizepräsident: Högn, Hans
2.Vizepräsident: Riediger, Ernst
1.Schriftführer: Pöllath, Alfred
2.Schriftführerin: Hamm-Brücher, Dr. Hildegard
3.Schriftführerin: Zehner, Zita
4.Schriftführer: Gräßler, Fritz
5.Schriftführer: Köhler, Wenzel
6.Schriftführer: Fischbacher, Dr. Jakob
Abgeordnete
CSU
Christlich Soziale Union
Ankermüller, Willi
Arnold, Friedrich
Bachmann, Georg
Bachmann, Wilhelm
Balk, Margarete
Binder, Max
Braun, Josef
Deininger, Leonhard
Eberhard, Rudolf
Ehard, Hans
Ehnes, Georg
Eiber, Heinrich
Eichelbrönner, Gottfried
Eisenmann, Hans
Elsen, Franz
Engelhardt, Hans
Euerl, Alfred
Feury, Otto Freiherr von
Fickler, Jakob
Fink, Hugo
Fischer, Karl
Franckenstein, Georg Freiherr von und zu
Freundl, Otto
Fugger von Glött, Joseph Ernst Fürst von
Gaksch, Franz
Gaßner, Wilhelm
Goppel, Alfons
Greib, Karl
Gretschmann, Josef
Haisch, Andreas
Hanauer, Rudolf
Held, Philipp
Helmerich, Michael
Helmschrott, Josef
Hempfling, Baptist
Hettrich, Philipp
Heubl, Franz
Hofmann, Engelbert
Huber, Ludwig
Huber, Sebastian
Hundhammer, Alois
Jaumann, Anton
Jüngling, Max
Junker, Heinrich
Kastner, Josef
Klughammer, Alois
Kraus, Engelbert
Kreußel, Alfons
Lauerbach, Erwin
Leichtle, Ludwig
Lerch, Leopold
Lippert, Franz
Mack, Georg
Meier, Heinrich
Mergler, Emil
Merk, Bruno
Merkt, Hans
Müller, Josef
Muth, Walter
Nägelsbach, Elisabeth
Nagengast, Wilhelm
Neundorfer, Joseph
Neuner, Johann
Nüssel, Simon
Ohliger, Hugo
Pflüger, Heinrich
Piechl, Josef
Pirkl, Fritz
Plank, Ludwig
Pöhner, Konrad
Rainer, Alois
Ramelsberger, Ludwig
Raß, Hans
Rau, Hans
Reichl, Josef
Reißenweber, Rudolf
Riedel, Georg (Austritt am 13.06.1962, dann FDP)
Röhrl, Wilhelm
Rosa, Erich
Rupp, Ludwig
Sackmann, Franz
Sahliger, Bruno
Sauer, Erich
Schäfer, Franz
Schäfer, Karl
Schaller, Helmuth
Schaller, Willy
Schedl, Otto
Schmidramsl, Hanns Martin
Schubert, Karl
Schuster, Georg
Seidel, Hanns
Seidl, Alfred
Soenning, Rudolf
Staudacher, Anton
Strauß, Franz Xaver
Strenkert, Paul
Stuhlberger, Matthias
Suttner, Bernhard
Vilgertshofer, Lorenz
Vogel, Heinrich
Vorndran, Wilhelm
Vöth, Reinhold
Werner, Hans
Wimmer, Johann
Winkler, August Christian
Wölfel, Gustav
Wösner, Hermann
Zehner, Zita
Zillibiller, Max
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Böhm, Fritz
Bothner, Max
Degen, Anton
Dehler, Klaus
Deininger, Gottfried
Demeter, Hans
Drechsel, Ewald
Drexler, Ferdinand
Duschl, Mathias
Eichhorn, Ludwig
Essl, Erwin
Falb, Anton
Fink, Otto
Fink, Otto
Fischer, Walter
Förster, Franz
Friedrich, Hans
Gabert, Volkmar
Gentner, Fritz
Gräßler, Fritz
Groß, Paul
Grosch, Georg
Günzl, Maria
Härtl, Adolf
Hirsch, Martin
Hoegner, Wilhelm
Högn, Hans
Irlinger, Willy
Kallenbach, Richard
Kiene, Josef
Kluge, Waldemar (ab 15.03.1962, davor GB/BHE)
Knoeringen, Waldemar Freiherr von
Köglsperger, Karl
Kramer, Hans
Kriegisch, Josef
Krüger, Gertrud
Laufer, Gerda
Lindig, Robert
Loos, Martin
Maag, Johann
Machnig, Rudolf
Mauler, Ferdinand
Müller, Christian
Oechsle, Richard
Oeckler, Georg Ludwig
Ospald, Hermann
Piehler, Andreas
Pittroff, Claus
Rupprecht, Fritz
Sauer, Hans
Scherber, Andreas
Schlichtinger, Rudolf
Seifert, Franz Peter
Sichler, Franz
Soldmann, Oskar
Sonntag, Karl
Stamm, Nikolaus
Stenglein, Andreas Sebastian
Steuer, Wolfgang
Stiefvater, Hermann
Stock, Jean
Stöhr, Heinrich
Strohmayr, Alois
Ungermann, Josef
Wehr, Albert
Weilmaier, Anton
Weishäupl, Karl
Wittmann, Anton
Wolf, Franz
Wolff, Günter
Zdralek, Franz
Zietsch, Friedrich
Zink, Peter
FDP
Freie Demokratische Partei
Bezold, Otto
Falk, Ernst
Haas, Albrecht
Hamm-Brücher, Hildegard
Heinrich, Artur
Reichstein, Willy (ab 11.04.1962, davor GDP)
Riedel, Georg (ab 18.06.1962, davor CSU)
Schönhuber, Wilhelm (ab 10.01.1962, davor BP)
Stracke, Rudolf (ab 14.05.1962, davor GDP)
Wüllner, Paul
BP
Bayernpartei
Bantele, Georg
Baumgartner, Josef
Baumgartner, Joseph
Brentano-Hommeyer, Karl
Ernst, Johann
Fischbacher, Jakob
Gaßner, Alfons
Lallinger, Ludwig
Müller, Friedrich
Nerlinger, Ludwig
Panholzer, Josef
Pöllath, Alfred
Schönhuber, Wilhelm (bis 10.01.1962, dann FDP)
Schweiger, Martin
Weinhuber, Simon
GD/BHE Becher, Walter
Gertler, Rudolf
Guthsmuths, Willi
Hilburger, Georg
Keller, Wilfried
Klammt, Karl
Klings, Jochen
Kluge, Waldemar (bis 15.03.1962, dann SPD)
Köhler, Wenzel
Lorenz, Johannes
Prochazka, Herbert
Riediger, Ernst
Sornik, Paul
Stain, Walter
Wüllner, Paul (bis 11.05.1962, dann FDP)
GDP
Gesamtdeutsche Partei
Reichstein, Willy (bis 09.04.1962, dann FDP)
Schier, Herbert
Stracke, Rudolf (bis 11.05.1962, dann FDP)

Minister / Kabinette:

Kabinett Seidel II (09.12.1958-16.01.1960)
Ministerpräsident: Seidel, Dr. Hanns (CSU)
Finanzminister und zugl. stv. Ministerpräsident: Eberhard, Dr. Rudolf (CSU)
  Staatssekretär: Lippert, Dr. Franz (CSU)
Innenminister: Goppel, Alfons (CSU)
  Staatssekretär: Junker, Heinrich (CSU)
Justizminister: Haas, Dr. Albrecht (FDP)
  Staatssekretär: Hartinger, Josef
Kultusminister: Maunz, Dr. Theodor (CSU)
  Staatssekretär: Staudinger, Dr. Fritz
Wirtschaftsminister: Schedl, Dr. Otto (CSU)
  Staatssekretär: Guthsmuths, Dr. Willi (GB/BHE)
Landwirtschaftsminister: Hundhammer, Dr.Dr. Alois (CSU)
  Staatssekretär: Simmel, Erich (GB/BHE) (GB/BHE)
Arbeitsminister: Stain, Walter (GB/BHE)
  Staatssekretär: Strenkert, Paul (CSU)

Kabinett Ehard IV (26.01.1960-11.12.1962)
Ministerpräsident: Ehard, Dr. Hans (CSU)
Staatssekretär und Leiter der Staatskanzlei: Heubl, Dr. Franz (CSU)
Finanzminister und zugl. stv. Ministerpräsident: Eberhard, Dr. Rudolf (CSU)
  Staatssekretär: Lippert, Dr. Franz (CSU)
Innenminister: Goppel, Alfons (CSU)
  Staatssekretär: Junker, Heinrich (CSU)
Justizminister: Haas, Dr. Albrecht (FDP)
  Staatssekretär: Hartinger, Josef
Kultusminister: Maunz, Dr. Theodor (CSU)
  Staatssekretär: Staudinger, Dr. Fritz
Wirtschaftsminister: Schedl, Dr. Otto (CSU)
  Staatssekretär: Guthsmuths, Dr. Willi (GB/BHE)
Landwirtschaftsminister: Hundhammer, Dr.Dr. Alois (CSU)
  Staatssekretär: Simmel, Erich (GB/BHE) (GB/BHE)
Arbeitsminister: Stain, Walter (GB/BHE)
  Staatssekretär: Strenkert, Paul (CSU)

Wahlergebnisse:

 

Protokolle:

Auf der Website des Bayerischen Landtags finden Sie die Sitzungsprotokolle dieser Legislaturperiode.

> zur Liste der Protokolle (externer Link in neuem Fenster)

 

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