Erneut erringt die CSU bei der Landtagswahl am 25. September 1994 die absolute Mehrheit (52,8% und 120 Mandate). Die SPD legt zu und kommt auf 30% (70 Mandate), die Grünen erreichen 6,1% (14 Mandate). FDP und die vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestuften "Republikaner" scheitern an der Fünfprozent-Hürde. Für die SPD zieht Renate Schmidt, das "Zugpferd" der Partei, ins Parlament ein und übernimmt den Fraktionsvorsitz von Albert Schmid, der zwei Jahre später nach einem Konflikt mit Schmidt das bis dahin ausgeübte Amt des Geschäftsführenden Fraktionsvorsitzenden aufgibt.
In der konstituierenden Sitzung wird Johann Böhm (CSU) neuer Präsident des Landtags. Am 21. Oktober 1994 wird Edmund Stoiber (CSU) erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Eine Woche später billigt der Landtag mit den Stimmen der CSU-Fraktion sein neues Kabinett, in dem erstmals in Bayern zwei Frauen Ministerposten bekleiden: Barbara Stamm wird Sozialministerin und Ursula Männle Sonderministerin für Bundesangelegenheiten. Erwin Huber wird Staatsminister für Europaangelegenheiten und Leiter der Staatskanzlei.
In seiner Regierungserklärung vom 8. Dezember 1994 wirbt der Ministerpräsident für einen "Aufbruch in den Köpfen". Angesichts eines durch neue Kommunikationstechniken, moderne Arbeitstechniken und Produktionsstrukturen bedingten "Quantensprungs" in der Arbeitswelt fordert Stoiber "neue Fantasie, neue Kreativität und neue Leistungsbereitschaft" innerhalb der Gesellschaft. Zudem kündigt er an, dass Verwaltungsvorschriften in Bayern weiter zurückgefahren werden. Oppositionschefin Renate Schmidt schlägt in ihrer Entgegnung eher moderate Töne an, fordert aber eine Abkehr von der "Aufblähung der Ministerialbürokratie" in Bayern sowie eine dezentrale Verwaltung.
Die Legislaturperiode wird von drei Ereignissen geprägt: dem so genannten "Kruzifix-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts vom August 1995, der "Offensive Zukunft Bayern" (einer Fortsetzung der Privatisierungspolitik der Staatsregierung) und von einigen Verfassungsänderungen (darunter die Abschaffung des Verfassungsorgans "Bayerischer Senat") durch Volksentscheide im Jahr 1998.
Das "Kruzifix-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts, das auf die Klage eines Ehepaars aus dem oberpfälzischen Nittenau hin ergeht, entfacht einen Proteststurm in der bayerischen Bevölkerung. Das daraufhin mit den Stimmen der CSU-Fraktion und von zwei SPD-Abgeordneten im Landtag verabschiedete Gesetz (13. Dezember 1995) ändert das Erziehungs- und Unterrichtsgesetz. Es bestimmt, dass in den bayerischen Volksschulen Kreuze aufgehängt werden müssen, wenn nicht im Einzelfall Widerspruch eingelegt wird. Im Konfliktfall habe der Schulleiter eine gütliche Einigung herbeizuführen. Sei diese nicht möglich, müsse der Schulleiter entscheiden. Die Neuregelung strebt demnach einen Ausgleich zwischen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, das sich auf Art. 4 Abs. 1 GG ("Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich") beruft, und dem Anspruch des bayerischen Parlaments, über die Grundlagen der Schulorganisation selbstständig zu entscheiden, an.
Am 23. Mai 1996 stellt Ministerpräsident Stoiber dem Parlament die Verwendung von ca. 2,3 Mrd. DM aus den Privatisierungserlösen im Rahmen der "Offensive Zukunft Bayern" vor: Diese Mittel sollen in erster Linie in Förderung und Ausbau der sozialen Infrastruktur, des Umweltschutzes und der Kultur fließen. Bekannte Einzelprojekte, die aus diesen Privatisierungserlösen finanziert werden, sind die Pinakothek der Moderne in München sowie das Museum des 20. Jahrhunderts in Nürnberg. Die Opposition wendet sich gegen die Pläne und spricht von der Verschwendung von Staatseigentum.
Die Volksentscheide vom 8. Februar 1998 bringen einige wesentliche Veränderungen für den Freistaat: 69,2% der Wahlberechtigten stimmen dem - populistisch formulierten - Motto "Schlanker Staat, ohne Senat" zu und votieren für dessen Abschaffung zum 31. Dezember 1999. Allerdings liegt die Wahlbeteiligung nur bei etwa 40%.
Darüber hinaus findet die Weiterentwicklung von Staatszielen und Grundrechten jeweils große Mehrheiten (Bekenntnis zum geeinten Europa bei gleichzeitiger Betonung der regionalen Eigenständigkeit, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Verbot der Diskriminierung Behinderter, Tierschutz).
Außerdem wird die Reform von Landtag und Staatsregierung beschlossen (Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre, Reduzierung der Mitglieder des Landtags von 204 auf 180, Begrenzung der Mitglieder der Staatsregierung auf maximal 18).
Ein weiterer kommunalpolitisch folgenreicher Volksentscheid sorgt für Aufsehen: Nach dem Erfolg des 1994 von einer Bürgerinitiative initiierten Volksbegehrens zur Einführung des kommunalen Bürgerentscheids wird ein entsprechender Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Gegen die Stimmen von SPD und Grünen lehnt die Mehrheitsfraktion der CSU diesen Gesetzentwurf am 5. Juli 1995 ab und beschließt einen eigenen.
Daraufhin kommt es zwischen beiden Entwürfen zum Volksentscheid: Am 1. Oktober 1995 siegt der Entwurf der Bürgerinitiative "Mehr Demokratie" über den Entwurf der CSU-Fraktion. Der Unterschied beider Entwürfe liegt in der Frage des Anteils der Wahlberechtigten, der mindestens zustimmen muss, damit ein Bürgerentscheid Gültigkeit erlangt: Der siegreiche Entwurf verzichtet - und das ist einmalig innerhalb der deutschen Bundesländer - gänzlich auf ein solches Quorum.
Erwähnenswert ist ferner das "Biergarten-Urteil" des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom Frühjahr 1995, das eine Schließung von Biergärten in Wohngebieten für 21.30 Uhr vorsieht. Die Staatsregierung reagiert auf den Protest, der sich dagegen auf der Straße und im Parlament formiert, mit der Vorlage einer neuen "Biergartenverordnung" durch Umweltminister Thomas Goppel (CSU). Demnach sind nun auch in Wohngebieten Öffnungszeiten bis 23 Uhr erlaubt.
Peter Jakob Kock, Der Bayerische Landtag. Eine Chronik. Würzburg 1996, S. 361-381; Hartmann, S. 610-617.