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Verfassunggebende Landesversammlung von 1946 < >

Sitzungsdauer: 15.07.1946-26.10.1946
Sitzung der Verfassunggebenden Landesversammlung
Sitzung der Verfassunggebenden Landesversammlung
1946, Fotografie, Foto: Bayerisches Pressebild
© Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg

Mit der Besetzung des gesamten Landes (München: 30. April 1945) endet der Zweite Weltkrieg für das Gebiet Bayerns am 8. Mai 1945. Staatsrechtlich existiert Bayern nicht mehr; die bestehenden Staatsministerien waren zuvor lediglich Vollzugsorgane der Reichsministerien in Berlin. Sie bieten jedoch sie ein Fundament für die bevorstehende staatliche Neukonstituierung des Freistaates. Vom "Regional Military Government" wird der frühere BVP-Vorsitzende Fritz Schäffer auf Vorschlag Kardinal Faulhabers zum vorläufigen Ministerpräsidenten ernannt. Nach der Bildung einer ersten provisorischen Regierung, der u. a. der frühere Regensburger Oberbürgermeister Otto Hipp (Kultus) und der Ministerialdirektor Karl August Fischer (Innen) angehören und in der Schäffer selbst zusätzlich das von ihm schon 1931 bis 1933 geführte Finanzressort übernimmt, gibt der neue Ministerpräsident am 13. Juni 1945 über den Rundfunk eine erste Regierungserklärung ab. Darin betont er die christliche Wertebasis eines künftigen bayerischen Staates und weist damit den Weg zum Neuanfang nach "nationalsozialistische[r] Lüge", "Massenterror", "Militarismus" und "Kadavergehorsam".
Als Geburtsurkunde des bayerischen Staates gilt die am 19. September 1945 vom Office of Military Government in Germany - US (OMGUS) erlassene Proklamation Nr. 2: Sie bestimmt die Errichtung von Ländern in der amerikanischen Besatzungszone. Diese Länder sollen "von jetzt ab als Staaten bezeichnet werden", heißt es darin. Es wird ausgeführt, dass jeder Staat "eine Staatsregierung" haben solle. Hier werden auch die Grenzen des künftigen Freistaats sichtbar: Die (bis 1933) bayerische Pfalz wird - als Teil der französischen Besatzungszone - nicht erwähnt. Lediglich der Kreis Lindau sollte später noch zu Bayern kommen.
Am 28. September 1945 wird Schäffer - wegen der in den Augen der Besatzer nicht nachdrücklich genug betriebenen Entnazifizierung in Bayern - von den Amerikanern abgesetzt. Sein Nachfolger wird Wilhelm Hoegner (SPD), in dessen Kabinett sich neben Sozialdemokraten und CSU-Politikern auch ein Kommunist findet. Hoegner setzt sich vorrangig folgende Ziele: "1. Entnazifizierung und Wiedergutmachung; 2. Verfassungspolitik: Wiederherstellung eines bayerischen demokratischen Staates und deutschen Bundes; 3. Neuaufbau des Parlamentarismus".
Nach dem Auftrag der Militärregierung, eine Bayerische Verfassung vorzubereiten, beruft Hoegner einen "Vorbereitenden Verfassungsausschuss" ein (9. Februar 1946), dem u. a. angehören: Arbeitsminister Albert Roßhaupter (SPD), Staatssekretär Hans Ehard (CSU) sowie die Münchner Bürgermeister Karl Scharnagl (CSU) und Thomas Wimmer (SPD). Sachverständiger ist der Staatsrechtler Prof. Hans Nawiasky aus St. Gallen (bis 1933 an der Universität München), den Vorsitz führt Hoegner selbst. Grundlage der Verhandlungen zwischen März und Mai 1946 ist ein von Hoegner selbst entworfener Text. Im Vorfeld der Neukonstituierung des Freistaats Bayern ist zudem eine Art "Vorparlament", der von Hoegner erdachte "Beratende Landesausschuss", angesiedelt. Die von den Parteien ernannten bzw. von der Staatsregierung berufenen 128 Mitglieder stellen erstmals seit 13 Jahren wieder eine Art Verbindung zwischen Bevölkerung und Regierung her.
Mit der Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung am 30. Juni 1946 beginnt die eigentliche Staatswerdung Bayerns auf demokratischer Basis. Von 180 Sitzen entfallen auf die CSU 109 (58,3%), auf die SPD 51 (28,8%), auf die KPD 9 (5,3%), auf die WAV (Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung) 8 Sitze (5,1%) und auf die FDP 3 Sitze (2,5%). Die Wahlbeteiligung liegt bayernweit bei 72,1%. Hoegners Rücktrittsangebot wegen des schwachen Ergebnisses seiner Partei wird von der Militärregierung abgelehnt. Die Einsetzung des Ministerpräsidenten sei vorläufig nach wie vor allein ihre Sache - unabhängig von der gewählten Versammlung. Die Verfassunggebende Landesversammlung hat zudem laut Gesetz "nicht die Rechte eines vorläufigen Landtages", der erst im Spätherbst gewählt werden soll. Michael Horlacher (CSU) wird Präsident der Versammlung.
Nach zehn Sitzungen nimmt die Verfassunggebende Landesversammlung den Entwurf der "Verfassung des Freistaates Bayern" am 26. Oktober an. Lediglich die 14 Vertreter von FDP, KPD und WAV stimmen mit "Nein". Thematisch umstritten war die Frage der Schaffung einer zweiten Kammer ("Bayerischer Senat"), einer ständischen Vertretung, der die Sozialdemokraten erst nach einer klaren Kompetenzbegrenzung zustimmen. Auch die zuletzt festgeschriebene Konfessionsschule und das - knapp verworfene - Amt eines bayerischen Staatspräsidenten lösen heftige Debatten aus. In einem Genehmigungsvorbehalt äußert sich die amerikanische Besatzungsbehörde am 26. Oktober 1946 deutlich gegen mögliche separatistische Tendenzen Bayerns.

Peter Jakob Kock, Der Bayerische Landtag. Eine Chronik, Würzburg 1996, S. 21-28.

Reinicke, Landtag und Regierung im Widerstreit, S. 73-150.

Gesetzgebung:

Verfassung des Freistaates Bayern

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium
Präsident: Horlacher, Dr. Michael
1.Vizepräsident: Herrmann, Matthäus
2.Vizepräsident: Sedlmayr, Lorenz
1.Schriftführerin: Deku, Maria
2.Schriftführerin: Käser, Elisabeth
3.Schriftführer: Eser, Leonhard
4.Schriftführer: Wiedemann, Karl
5.Schriftführer: Schneider, Georg
Abgeordnete
CSU
Christlich Soziale Union
Allwein, Max
Ankermüller, Willi
Bachmann, Georg
Bauer, Hermann
Baumeister, Leonhard
Baumgartner, Josef
Berger, Rupert
Bickleder, Karl
Brand, Paul
Braun, Josef
Bruckmeir, Otto
Brumberger, Josef
Bühner, Eustach
Deku, Maria
Dorn, Bartholomäus
Drexler, Alois
Egger, Alois
Ehard, Hans
Elhardt, Heinrich
Endres, Karl Andreas
Faltermeier, Josef
Feistle, Anton
Fey, Georg
Geiger, Josef
Gromer, Georg
Haiger, Heinrich
Hart, Gottfried
Haußleiter, August
Held, Walter
Helmerich, Michael
Horlacher, Michael
Huber, Sebastian
Hundhammer, Alois
Huth, Friedrich
Imler, Hans
Jörg, Josef
Kaifer, Albert
Kaiser, Fritz
Karpf, Hugo
Krapp, Lorenz
Kraus, Engelbert
Krehle, Heinrich
Krempl, Josef
Kroth, Karl August
Kübler, Konrad
Lacherbauer, Carljörg
Lau, Johannes
Lehmer, Max
Lill, Georg
Mack, Georg
Maier, Anton
Mandl, Friedrich
Mayer, Gabriel
Mayr, Karl Sigmund
Melchner, August
Meyer-Spreckels, Elisabeth
Müller, Josef
Neckermann, Adalbert
Nüssel, Adam
Ortloph, Klement
Pabstmann, Hans
Pest, Matthäus
Pfeiffer, Anton
Pfeuffer, Adolf Valentin Kilian
Pfleger, Franz
Piechl, Josef
Prechtl, Wolfgang
Prittwitz und Gaffron, Friedrich von
Prüschenk, Josef
Raum, Hans
Riedel, Georg
Rief, Max (später WAV)
Rindt, Eugen
Riß, Josef
Rothermel, Fridolin
Sauer, Franz Ludwig
Schacher, Peter
Scharf, Josef
Scharnagl, Karl
Schefbeck, Otto
Schlögl, Alois
Schmid, Andreas
Schmid, Karl
Schraml, Josef
Schwägerl, Hans
Schwalber, Josef
Schwingenstein, August
Sedlmayr, Lorenz
Seidel, Hanns
Semler, Johannes
Stinglwagner, Alois
Stücklen, Georg
Sühler, Adam
Thaler, Rupert
Thierfelder, Franz
Trettenbach, Martin
Wächter, Franz-Joseph
Wagner, Karl
Weinzierl, Alois
Weinzierl, Georg
Weise, Michael
Winkler, Martin
Wittmann, Franz
Wittmann, Julian
Witzlinger, Michael
Wutzlhofer, Hans
Zahn, Josef Alois
Zillibiller, Max
Zwicknagl, Max
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Ammon, Lina
Aschenbrenner, Rosa
Bauer, Hannsheinz
Bittinger, Dionys
Dietl, Hans
Dreifuß, Ludwig
Endemann, Christian
Fendt, Franz
Fichtner, Lorenz
Fischer, Wilhelm
Franke, Heinrich
Gentner, Johann
Gräßler, Fritz
Haas, Franz
Hader, Franz
Hagen, Georg
Hagen, Lorenz
Herrmann, Matthäus
Hoegner, Wilhelm
Hofer, Julius
Hofmann, Leopold
Kaeser, Elisabeth
Kerner, Georg
Kiene, Josef
Knoeringen, Waldemar Freiherr von
Körner, Ernst
Kramer, Hans
Kunath, Hans
Laumer, Josef
Maag, Johann
Meyer, Ludwig
Muhr, Bernhard
Op den Orth, Franz
Piehler, Andreas
Pittroff, Claus
Riedmiller, Lorenz
Roiger, Ludwig
Roith, Christian
Röll, Franz
Roßhaupter, Albert
Schiefer, Gustav
Schöllhorn, Peter
Schöpf, Georg
Seifried, Josef
Staudt, Eduard
Stock, Jean
Stöhr, Heinrich
Tröger, Josef
Wilhelm, Franz
Wimmer, Thomas
Zietsch, Friedrich
FDP
Freie Demokratische Partei
Dehler, Thomas
Linnert, Fritz
Schneider, Georg
KPD
Kommunistische Partei Deutschlands
Baumann, Michael
Ficker, Ludwig
Kuß, Max
Scheringer, Richard
Schirmer, Hermann
Schmitt, Heinrich
Schneider, Gustav
Schwab (geb. Schumann, Kunigunde
Wiedemann, Karl
WAV
Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung
Eser, Leonhard
Leupoldt, Richard
Löblein, Heinrich
Loritz, Alfred
Römer, Hans (später fraktionslos)
Schlicht, Georg
Schmidt, Gottlieb
Stern, Johann

Minister / Kabinette:

Kabinett Schäffer (28.05.1945-18.09.1945)
Ministerpräsident und zugl. Minister für Finanzen: Schäffer, Fritz (CSU)
Inneres: Fischer, Karl August (07.06.1945-01.09.1945)
Justiz: Ehard, Dr. Hans (CSU)
Kultus: Hipp, Dr. Otto
Wirtschaft: Lange, Dr. Karl Arthur
Landwirtschaft: Rattenhuber, Ernst (CSU)
Bahn: Rosenhaupt, Dr. Karl
Post: Geiger, Hugo (CSU)
Arbeit: Roßhaupter, Albert (SPD)
Kabinett Hoegner I (28.09.1945-21.12.1946)
Ministerpräsident: Hoegner, Dr. Wilhelm (SPD)
Staatssekretär und Leiter der Staatskanzlei: Pfeiffer, Dr. Anton (CSU) (22.10.1945-03.07.1946)
Kraus, Dr. Hans (CSU) (04.07.1946-21.12.1946)
Arbeitsminister und zugl. stv. Ministerpräsident: Roßhaupter, Albert (SPD)
Staatssekretär: Krehle, Heinrich (CSU)
Innenminister: Seifried, Josef (SPD)
Staatssekretär: Ficker, Ludwig (KPD)
Justizminister: Hoegner, Dr. Wilhelm (SPD)
Staatssekretär: Ehard, Dr. Hans (CSU)
Kultusminister: Fendt, Dr. Franz (SPD)
Staatssekretär: Meinzolt, Dr. Hans (parteilos)
Finanzminister: Terhalle, Prof. Fritz
Staatssekretär: Müller, Dr. Hans (CSU)
Wirtschaftsminister: Erhard, Ludwig
Staatssekretär: Fischer, Georg (KPD) (07.01.1946-08.06.1946)
Landwirtschaftsminister: Baumgartner, Dr. Joseph (CSU)
Staatssekretär: Thunig, Ewald
Niklas, Dr. Wilhelm (ab 03.03.1946)
Staatsminister für Verkehr: Helmerich, Michael (CSU)
Staatssekretär: Waldhäuser, Josef
Sonderminister: Schmitt, Heinrich
Pfeiffer, Dr. Anton (CSU) (ab 03.07.1946)

Wahlergebnisse:

 

Protokolle:

Die Stenographischen Berichte der Verfassunggebenen Landesversammlung 1946 finden Sie auf der Website der Bayerischen Staatsbibliothek.

> zu den Steographischen Berichten (externer Link in neuem Fenster)

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