Der 3. Landtag ist für die Regierung - wie König Max I. Joseph in seiner Thronrede betont - insofern von besonderer Bedeutung, als das Budget für die kommenden sechs Jahre festgelegt werden soll. Diesmal unternimmt die Regierung bei den Wahlen besondere Anstrengungen, um unliebsame Kandidaten auszuschalten, zumal in Franken. Gelingt das nicht, setzt die Regierung gegen Staatsbedienstete, die als Abgeordnete unerwünscht sind, das Mittel der Urlaubsverweigerung ein (z.B. im Falle des liberalen Universitätsprofessors und Bürgermeisters von Würzburg, Wilhelm Joseph Behr, und in fünf weiteren Fällen). Die Mehrzahl der Abgeordneten ist neu im Parlament. Sie wählt erneut Schrenck zum Ersten Präsidenten. Zweiter Präsident wird Joseph Ludwig Graf von Armansperg, der ein Jahr darauf zum Innen- und Finanzminister ernannt wird. Besonders Armansperg tut sich hervor als Lobredner für die Regierungsvorlagen. Es fällt auf, dass in den Ausschüssen regierungstreue Abgeordnete dominieren.
Um die Abgeordneten gewogen zu stimmen, legt die Regierung einen Gesetzentwurf zur Einführung von Landräten (regionalen Gremien) im Sinne der Liberalen vor. Die Reichsräte kontern jedoch - wie vorhersehbar -, indem sie den Entwurf durch Änderungen (z.B. durch Aufwertung der Stellung der adligen Grundbesitzer in den Landräten und durch Senkung ihrer Beiträge zu den Distriktsumlagen) für die Kammer der Abgeordneten unannehmbar machen. Daher ist dieses Entgegenkommen der Regierung nicht besonders groß. Ferner erlässt der König bzw. die Regierung eine Verordnung über die Geschäftsordnung der Kammer der Abgeordneten (legt also keinen Entwurf vor, da sie der Ansicht ist, dass das Parlament sich nicht selbst eine Geschäftsordnung geben darf). Immerhin baut die Regierung in ihre Verordnung nachträglich einige Änderungswünsche der Abgeordneten ein; das ändert allerdings wenig daran, dass die Geschäftsordnung den Zweck hat, das Parlament im Regierungssinne zu disziplinieren. Die Abgeordneten nehmen diese Geschäftsordnung dennoch mit 76 gegen 32 Stimmen an. In grundsätzlicher Übereinstimmung befinden sich Regierung und Landtagsmehrheit hinsichtlich der Entwürfe zum Ansässigkeits- und Verehelichungsrecht sowie zu den Grundbestimmungen für das Gewerbswesen im Sinne einer allmählichen Liberalisierung. Neue Gesetzbücher (Strafgesetzbuch, Zivilprozessordnung etc.) legt die Regierung nicht vor.
Schwieriger gestalten sich die Verhandlungen über das Budget. Es klafft eine neue Deckungslücke von 3 Millionen Gulden, zum Teil wegen gesunkener Einnahmen, zum Teil wegen unerwarteter Ausgaben. Die Regierung schlägt vor, die Steuern auf Bier und Wein zu erhöhen; die Mehrheit der Abgeordneten will stattdessen Einsparungen durchsetzen, zumal beim Heer. Die entscheidenden Verhandlungen werden zwischen dem Finanzminister, Maximilian Emanuel Frhr. von Lerchenfeld, und dem Finanzausschuss, insbesondere mit dessem Vorsitzenden, Joseph Socher, geführt. Es werden bestimmte Einsparungen (u.a. am Witwen- und Waisenfonds der Beamten) sowie eine Erhöhung der Stempelsteuer (für amtliche Verwaltungsakte) ausgehandelt; der Militäretat kommt im Wesentlichen ungeschoren davon. Auch hinsichtlich der anderen Gesetzesvorhaben bürgert sich das Verfahren ein, den Kompromiss in direkten Gesprächen zwischen dem zuständigen Minister und dem zuständigen Ausschuss zu suchen, wobei das Plenum vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
Sowohl die Regierung als auch die Kammer der Abgeordneten sind enttäuscht. Die Regierung hält das Beharren der Abgeordneten auf Mitsprache, insbesondere auf einem substanziellen Budgetrecht, für Anmaßung. Umgekehrt sind die Abgeordneten enttäuscht, weil sie nichts erreichen. Dadurch lässt auch das Interesse der Öffentlichkeit nach; die erwarteten Steuersenkungen und Reformen kommen nicht zustande. Die Kammer der Reichsräte erweist sich dabei als Stütze der Regierung gegen die Kammer der Abgeordneten.
Götschmann, S. 430-466