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3. Landtag: 1825 (2. Wahlperiode 1825-1831) < >

Sitzungsdauer: 25.02.1825-12.09.1825
Die Prannerstraße im Jahre 1825
Die Prannerstraße im Jahre 1825
1825, Lithografie, Künstler: Gustav Kraus
© Bayerischer Landtag, München

Der 3. Landtag ist für die Regierung - wie König Max I. Joseph in seiner Thronrede betont - insofern von besonderer Bedeutung, als das Budget für die kommenden sechs Jahre festgelegt werden soll. Diesmal unternimmt die Regierung bei den Wahlen besondere Anstrengungen, um unliebsame Kandidaten auszuschalten, zumal in Franken. Gelingt das nicht, setzt die Regierung gegen Staatsbedienstete, die als Abgeordnete unerwünscht sind, das Mittel der Urlaubsverweigerung ein (z.B. im Falle des liberalen Universitätsprofessors und Bürgermeisters von Würzburg, Wilhelm Joseph Behr, und in fünf weiteren Fällen). Die Mehrzahl der Abgeordneten ist neu im Parlament. Sie wählt erneut Schrenck zum Ersten Präsidenten. Zweiter Präsident wird Joseph Ludwig Graf von Armansperg, der ein Jahr darauf zum Innen- und Finanzminister ernannt wird. Besonders Armansperg tut sich hervor als Lobredner für die Regierungsvorlagen. Es fällt auf, dass in den Ausschüssen regierungstreue Abgeordnete dominieren.
Um die Abgeordneten gewogen zu stimmen, legt die Regierung einen Gesetzentwurf zur Einführung von Landräten (regionalen Gremien) im Sinne der Liberalen vor. Die Reichsräte kontern jedoch - wie vorhersehbar -, indem sie den Entwurf durch Änderungen (z.B. durch Aufwertung der Stellung der adligen Grundbesitzer in den Landräten und durch Senkung ihrer Beiträge zu den Distriktsumlagen) für die Kammer der Abgeordneten unannehmbar machen. Daher ist dieses Entgegenkommen der Regierung nicht besonders groß. Ferner erlässt der König bzw. die Regierung eine Verordnung über die Geschäftsordnung der Kammer der Abgeordneten (legt also keinen Entwurf vor, da sie der Ansicht ist, dass das Parlament sich nicht selbst eine Geschäftsordnung geben darf). Immerhin baut die Regierung in ihre Verordnung nachträglich einige Änderungswünsche der Abgeordneten ein; das ändert allerdings wenig daran, dass die Geschäftsordnung den Zweck hat, das Parlament im Regierungssinne zu disziplinieren. Die Abgeordneten nehmen diese Geschäftsordnung dennoch mit 76 gegen 32 Stimmen an. In grundsätzlicher Übereinstimmung befinden sich Regierung und Landtagsmehrheit hinsichtlich der Entwürfe zum Ansässigkeits- und Verehelichungsrecht sowie zu den Grundbestimmungen für das Gewerbswesen im Sinne einer allmählichen Liberalisierung. Neue Gesetzbücher (Strafgesetzbuch, Zivilprozessordnung etc.) legt die Regierung nicht vor.
Schwieriger gestalten sich die Verhandlungen über das Budget. Es klafft eine neue Deckungslücke von 3 Millionen Gulden, zum Teil wegen gesunkener Einnahmen, zum Teil wegen unerwarteter Ausgaben. Die Regierung schlägt vor, die Steuern auf Bier und Wein zu erhöhen; die Mehrheit der Abgeordneten will stattdessen Einsparungen durchsetzen, zumal beim Heer. Die entscheidenden Verhandlungen werden zwischen dem Finanzminister, Maximilian Emanuel Frhr. von Lerchenfeld, und dem Finanzausschuss, insbesondere mit dessem Vorsitzenden, Joseph Socher, geführt. Es werden bestimmte Einsparungen (u.a. am Witwen- und Waisenfonds der Beamten) sowie eine Erhöhung der Stempelsteuer (für amtliche Verwaltungsakte) ausgehandelt; der Militäretat kommt im Wesentlichen ungeschoren davon. Auch hinsichtlich der anderen Gesetzesvorhaben bürgert sich das Verfahren ein, den Kompromiss in direkten Gesprächen zwischen dem zuständigen Minister und dem zuständigen Ausschuss zu suchen, wobei das Plenum vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
Sowohl die Regierung als auch die Kammer der Abgeordneten sind enttäuscht. Die Regierung hält das Beharren der Abgeordneten auf Mitsprache, insbesondere auf einem substanziellen Budgetrecht, für Anmaßung. Umgekehrt sind die Abgeordneten enttäuscht, weil sie nichts erreichen. Dadurch lässt auch das Interesse der Öffentlichkeit nach; die erwarteten Steuersenkungen und Reformen kommen nicht zustande. Die Kammer der Reichsräte erweist sich dabei als Stütze der Regierung gegen die Kammer der Abgeordneten.

Götschmann, S. 430-466

Gesetzgebung:

Gesetze:
- Ansässigmachung und Verehelichung
- Grundbestimmungen für das Gewerbswesen
- Finanzgesetz (direkte und indirekte Steuern sowie Staatsausgaben)
- Staatsschuldenwesen
- Zolltarife

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium Kammer der Abgeordneten
1.Präsident: Schrenck von Notzing, Sebastian, Freiherr
2.Präsident: Armansperg, Joseph Ludwig, Graf von
1.Sekretär: Häcker, Franz Joseph
2.Sekretär: Vetterlein, Johann Martin Karl
Präsidium Kammer der Reichsräte
1.Präsident: Wrede, Karl Philipp, Fürst von
2.Präsident: Fraunberg, Joseph Maria, Freiherr von
1.Sekretär: Leyden, Clemens, Graf von
2.Sekretär: Giech, Hermann, Graf zu
Abgeordnete
Abgeordnete (126) Abendanz, Franz Joseph
Abt (Abbt), Benedikt
Anns, Johann Wilhelm von
Armansperg, Joseph Ludwig Graf von
Barth, Joseph
Bauer-Breitenfeld, Johann Philipp von
Baumann, Gottfried
Bentzel-Sternau, Karl Christian Ernst Graf von
Bibra, Ludwig Karl Gottlob Freiherr von und zu Irmelshausen
Bösner, Heinrich Johann Thomas von
Brückel, Anton
Camuzzi, Joseph von
Clarus, Ernst Anton
Closen, Karl Ferdinand Freiherr von
Dacque, Ludwig
Dall'Armi, Andreas von
Dangel, Christoph Franz von
Deuringer, Joseph Xaver
Diehl, Johann Konrad
Dietrich, Carl Anton
Dippel, Andreas von
Dörfler, Franz Dr.phil.
Dresch, Leonhard Ritter von
Ebert, Johann
Eisenhofer, Simon
Endres, Peter Friedrich Christian
Enke, Johann Ernst August
Faßmann, Adam von
Fitting, Herrmann
Flurschütz, Johann
Frank, Peter Gottfried
Gaigl, Anton
Gehauf, Johann Adam
Geisel, Heinrich
Geisler, Peter Anton
Geyer (Geier), Georg Franz
Goldmeier, Johann Baptist
Graf, Joseph von
Grandauer, Anton
Gravenreuth, Carl Ernst Freiherr von
Häcker, Franz Joseph
Hagen, Erhard Christian von
Hauser, Anton
Heckel, Franz de Paula
Heffner, Philipp
Hegnenberg-Dux, Georg Maximilian Graf von
Heinzelmann, Christoph Friedrich
Henke, Adolph Christian Heinrich
Herrle, Johann Jakob
Heynitz, Friedrich Gottlieb Benno Freiherr von
Hoffmann, Peter
Hofstetten, Anton Friedrich Freiherr von
Hohenegger, Ludwig
Holzschuher, Rudolph Sigmund Freiherr von
Hörhammer, Anton
Höss, Franz Anton
Jacobi, Stephan
Jäger, Johann Stephan
Käser, Johann Baptist
Kaufmann, Thaddäus
Keller, Ludwig
Kiliani, Heinrich
Klar, Jakob
Kober, Karl
Königsdorfer, Martin
Kraemer, Philipp Heinrich Ritter von
Kremer, Philipp Franz
Künsberg, Franz Karl Christoph Freiherr von
Lechner, Franz Xaver
Lehmus, Adam Theodor
Leonrod, Carl Ludwig Freiherr von
Lösch, Gottlieb Karl August
Luginger, Anton
Mätzler, Anton
Merkel, Johann
Meuth, Dominikus Johannes
Moser, Johann Michael
Mühldorfer, Johann Baptist
Oerthel, Georg Friedrich von
Pallauf, Ignaz
Papstmann, Matthias
Pohlmann, Friedrich Ludwig von
Poschinger, Georg Benedikt Ritter von
Preysing, Karl Graf von, Freiherr von Altenpreysing gen. Kronwinkl
Rabl, Georg
Reck, Johann Michael Freiherr von
Reich, Georg Christian
Reindl, Johann Evangelist Ritter von
Rienecker, Franz Xaver
Röder, Johann Kaspar
Roth, Johann Jakob
Rudhart, Ignaz von
Rüffershöfer, Johann Andreas
Schack, Andreas
Schadt, Alois
Schilcher, Matthias von
Schmid, Alois
Schmitt, Philipp von
Schneider, Johann Paul
Schnitzer, Franz
Schrenck von Notzing, Sebastian Freiherr
Schuster, Peter
Sedlmayer, Markus
Seinsheim, Joseph Maria Arbogast Erkinger Graf von
Seiz, Franz
Silbermann, Felix
Socher, Joseph
Soden, Julius Karl Graf von
Spitz, Joseph
Spitzweg, Simon
Stachelhausen, Ludwig von
Stein, Dietrich Freiherr von
Steinacher, Sebastian
Stöber, Franz Kaspar
Strömsdörfer, Johann Konrad
Thinnes, Friedrich
Utzschneider, Joseph Ritter von
Vetterlein, Johann Martin Karl
Volkert, Georg Karl Friedrich
Wachter, Tobias von
Wanzel, Friedrich Ludwig
Westernach, Johann Ignaz Freiherr von
Wieninger, Franz Xaver
Wieninger, Gottlieb (Amadeus)
Ziegler, Adalbert
Zobel, Friedrich Edwin Freiherr von Giebelstadt
Reichsräte (50) Arco-Valley, Carl Maria Rupert Graf von
Bayern, Carl Theodor Maximilian Prinz von
Bayern, Ludwig I. Kronprinz, später König von
Bayern, Pius Herzog in
Bayern, Wilhelm Herzog in
Bray-Steinburg, Franz Gabriel Graf von
Castell-Castell, Friedrich Ludwig Graf zu
Deroy, Franz Graf von
Franckenstein, Friedrich Carl Freiherr von und zu
Fraunberg, Joseph Maria Freiherr von
Fugger von Babenhausen, Anton Anselm Fürst
Fugger zu Glött, Josef Sebastian Graf von
Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn, Friedrich Johann Nepomuk Graf von
Fugger zu Kirchheim, Josef Hugo Graf von
Fugger zu Nordendorf, Karl Anton Graf von
Gebsattel, Lothar Karl Anselm Joseph Freiherr von
Giech, Hermann Graf zu
Gienanth, Ludwig Freiherr von
Gravenreuth, Carl Ernst Freiherr von
Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Franz Josef Fürst zu
Keßling, Carl Ludwig Freiherr von
Leuchtenberg, August Herzog von
Leyden, Clemens Graf von
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Carl Ludwig Constantin Fürst zu
Mandl von Deutenhofen, Johann Anton Freiherr von
Montgelas, Maximilian Graf von
Mühle-Eckart, Wilhelm Karl Joseph Graf von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Aloys Johann Fürst von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein, Friedrich Fürst zu
Oettingen-Wallerstein, Ludwig Fürst von
Ortenburg-Tambach, Joseph Karl Leopold Friedrich Ludwig Graf zu
Pappenheim, Carl Theodor Friedrich Graf von
Preysing auf Hohenaschau, Johann Maximilian V. Graf von
Preysing zu Moos, Johann Caspar Graf von
Raglovich, Clemens von
Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver Graf von
Rechteren und Limpurg, Reinhard Burkart Graf von
Reigersberg, Heinrich Aloys Graf von
Riegg, Joseph Ignatz Albert Ritter von
Sandizell, Cajetan Peter Graf von und zu
Schönborn-Wiesentheid, Franz Erwein Damian Joseph Graf von
Seckendorf, Carl August Freiherr von
Stauffenberg, Clemens Wenzeslaus Graf Schenk von
Thurn und Taxis, Carl Alexander Fürst von
Toerring-Jettenbach und Guttenzell, Joseph August Graf von
Toerring-Seefeld, Clemens Graf von
Waldbott-Bassenheim, Friedrich Karl Graf von
Wrede, Karl Philipp Fürst von
Würtzburg, Joseph Franz Freiherr von
Zentner, Georg Friedrich Freiherr von

Minister / Kabinette:

Minister
Staatsminister des Kgl. Hauses und des Äußern: Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz, Graf von
Staatsminister des Innern: Thürheim, Friedrich, Graf von
Staatsminister der Justiz: Zentner, Dr. Georg Friedrich, Freiherr von
Staatsminister der Finanzen: Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg, Maximilian Emanuel, Graf von
Staatsminister der Armee: Maillot de la Treille, Nikolaus, Freiherr von

Wahlergebnisse:

In der Frühzeit des Konstitutionalismus ist eine Darstellung der Wahlergebnisse nach Parteien nicht möglich. Es gibt keine festgefügten Parteien mit formeller Mitgliedschaft, Programm, Statuten und Vorstand. Politische Zusammenschlüsse dieser Art sind geradezu verboten. Es gibt auch keine festgefügten Fraktionen innerhalb des Parlaments. Die Herausbildung von Fraktionen wird absichtsvoll durch die dem Zufall überlassene Sitzordnung behindert.
Es gibt nur allgemeine Parteirichtungen wie Liberale oder Konservative mit allen Zwischenstufen, wobei man einen bestimmten Abgeordneten in der Regel nicht eindeutig einer Richtung zuordnen kann. Viele Abgeordnete lassen sich bei ihrer Stimmabgabe von ihrer Einschätzung der konkreten Frage leiten, um die es gerade geht. Das Hin- und Herschwanken der Abstimmungsergebnisse zeigt deutlich, dass sie nicht auf festgefügte Stimmblöcke, sondern auf individuelle Entscheidungen (einschließlich der Abwesenheit) zurückgehen. Im Übrigen gilt allgemein bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus: aus der Sicht der jeweiligen Regierung (bzw. des jeweiligen Königs) gibt es nur zwei "Parteien": Regierungstreue und Oppositionelle. Die Trennlinie zwischen beiden ist nicht identisch mit der zwischen Liberalen und Konservativen; Zeitgenossen erwähnen auch den Typ des "liberalen Servilen" (d.h. den Wünschen der Regierung willfährigen Liberalen) und des regierungskritischen Konservativen (aus welchen Motiven heraus auch immer). Schließen sich Abgeordnete zu einer Gruppe zusammen, dann eher informell und auf landsmannschaftlicher Basis, wobei die fränkischen und pfälzischen Abgeordneten eher auf der "linken" (liberalen bis radikalliberalen) Seite des politischen Spektrums stehen.
Von der Landtagswahl im Mai 1869 an werden hier die jeweiligen Wahlergebnisse der Parteien in Mandatszahlen sowie - wenn möglich - auch in Prozentzahlen der Wählerstimmen angegeben.

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