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8. Landtag: 1840 (5. Wahlperiode 1839-1845) < >

Sitzungsdauer: 28.12.1839-15.04.1840
Landtagsabschied 1840, S. 1
Landtagsabschied 1840, S. 1
15.04.1840, Druckschrift
© Digitalbild: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg

Wegen der neuen Kreiseinteilung werden Neuwahlen ausgeschrieben.
Seit 4. November 1837 ist Carl August von Abel Innenminister und leitende Persönlichkeit im Kreis der Minister. Seine Name steht für eine rund zehn Jahre währende Ära, die vom Kampf für die Kronrechte - wie sie der König sieht - gegen die Anmaßungen des Parlaments und von einer betont katholisch-Konservativen Politik geprägt ist. In den Wahlen zur Abgeordnetenkammer wird daher - wenn überhaupt von einer Opposition die Rede sein kann - eine neue Art von Opposition sichtbar: eine protestantisch-kirchlich motivierte.
Diesmal erhalten 14 Abgeordnete nicht den zum Antritt ihres Mandats erforderlichen Urlaub. Es geht auf Abel zurück, dass nun auch Rechtsanwälte des Urlaubs bedürfen. Da Justizminister Schrenck vom König in den Reichsrat berufen und gleich zu dessen Präsidenten ernannt wird (Fürst Wrede war gestorben), ernennt der König aus dem Kreis der von der Abgeordnetenkammer gewählten Kandidaten Carl Graf von Seinsheim zum Präsidenten der Zweiten Kammer. Dieser folgt bereitwillig den Regieanweisungen Abels. Auch über die Besetzung der Ausschüsse kann sich die Regierung nicht beklagen.
Die Thronrede erwähnt die Umbenennung der Kreise nach den "angestammten" Namen, verweist darauf, dass "des Volkes Wohlstand" steige, verweist auf die Abarbeitung rückständiger Rechtsstreitigkeiten beim Obersten Gerichtshof und kündigt einige wenige Gesetzesvorlagen an.
Die Vorlage zum Schutz des geistigen Eigentums (wie wir heute sagen würden) ist sachlich unumstritten; sie bietet allerdings Gelegenheit, zum Ärger der Regierung erneut gegen die Zensur zu wettern. Andere Streitpunkte stellen die Aufhebung der Verfassungsvorschrift dar, zu welchem Zeitpunkt die Regierung das Budget vorlegen müsse (die Kammer der Abgeordneten lehnt dies ab) sowie ein weiteres Mal die "Erübrigungen": Der Kronprinz schlägt im Staatsrat vor, sich auf einen Kompromiss zu verständigen, wonach das Parlament dabei kein Recht auf "Bewilligung", aber doch auf "Beirat" (Mitsprache) habe, da die eingesparten Gelder letztlich aus Steuergeldern stammten. Die Mehrheit im Staatsrat akzeptiert diesen Vorschlag; der König und Abel lehnen ihn ab. Ein heikles Thema steht bei den "Nachweisungen" an: Die Regierung hat die vom Parlament angesetzten Kosten für den Bau der Bibliothek um ein Mehrfaches überschritten. Die Abgeordneten fühlen sich falsch informiert, stimmen aber mehrheitlich dafür, es bei einer bloßen "Verwahrung" zu belassen. Auch bei der Urlaubsregelung für Abgeordnete im Staatsdienst, in die nun auch Rechtsanwälte einbezogen werden, beschließen die Abgeordneten, die Sache auf sich beruhen zu lassen, ebenso hinsichtlich eines Kredits, den der König an Griechenland gegeben hat, und zwar aus einer Geldquelle, die der König dem Parlament entzogen hat.
Während der Sitzungen entzünden sich öfters erhellende Grundsatzdiskussionen an Nebensächlichkeiten. Es wird z.B. der gewohnte Ausdruck "unsere Staatsminister" ersetzt durch "unsere Minister". Abel betont, dass dies gleichbedeutend sei; gleichzeitig erklärt er, der König allein sei im Besitz der Staatsgewalt, es ginge also um personale Herrschaft; "Staat" sei nur ein "weniger verletzender Name" für das Volk als "moralisch-juridische Person". Ein solches Staatsverständnis fällt weit hinter den aufgeklärten Absolutismus des preußischen Königs Friedrich der Große zurück, der rund 100 Jahre zuvor das Wort geprägt hat, dass er der "erste Diener" des Staates sei. Die katholisch-konservative Denkschule wendet sich gegen die Verrechtlichung der Beziehungen zwischen Monarch und Untertanen; ihr Ideal sind auf den Staat übertragene Familienverhältnisse, in denen der Vater entscheidet, regelt und Wohltaten verteilt; die Kinder sagen "bitte" und "danke", ohne auf Rechtsansprüche zu pochen. Bei einer anderen Gelegenheit meint Abel, die aktuelle Ständeversammlung sei nichts weiter als die Fortführung der früheren Landstände; sein Hauptgegner in der Zweiten Kammer, Gottlieb Freiherr von Thon-Dittmer, Bürgermeister von Regensburg und späterer Innenminister 1848, muss ihn darauf aufmerksam machen, dass Bayern eine Repräsentativverfassung habe. Dieser bezeichnet auch offen die Methode, mit der Abel den Landtag disziplinieren will: indem er diesen "von Gegenstand zu Gegenstand jagt".

Götschmann, S. 655-694; Kraus, in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Band IV/1, S. 218

Gesetzgebung:

Gesetze:
- Verschiebung der verfassungsmäßigen Frist auf Vorlage des Budgets für die nächste sechsjährige Finanzperiode auf "spätestens neun Monate vor dem Ablaufe des sechsjährigen Termins, für welchen die fixen Ausgaben festgesetzt sind"
- Schutz des Eigentums an Werken der Literatur und Kunst gegen Veröffentlichung, Nachbildung und Nachdruck
- freiwilliger Eintritt in die Armee und freie Wahl der Waffengattung
- Abänderung des Gesetzes zur Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank
- Handelsverträge mit deutschen Staaten, Zolltarife
- Aufhebung des Gesetzes über die Erziehung von Söhnen jener Familien, welche 7 Kinder haben
- Vollendung des Bibliotheks- und Archivbaus in München (gemeint: die Bayerische Staatsbibliothek)
- Regelung der Kreisumlagen
- Abgabenfreiheit für "fromme Vermächtnisse"
Nicht zustande gekommene Gesetze:
- Gesamtbeschluss beider Kammern zum Budgetrecht: Der Vorbehalt der Kammern zu den "Nachweisungen" wird im "Abschied" mit einer Floskel abgetan.

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium Kammer der Abgeordneten
1.Präsident: Seinsheim, Carl, Graf von
2.Präsident: Korb, Karl, von
1.Sekretär: Windwart, Dr. Jakob, von
2.Sekretär: Thon-Dittmer, Gottlieb, Freiherr von
Präsidium Kammer der Reichsräte
1.Präsident: Schrenck von Notzing, Sebastian, Freiherr
2.Präsident: Arco-Valley, Carl Maria Rupert, Graf von
1.Sekretär: Schenk, Dr. Eduard, von
2.Sekretär: Stauffenberg, Franz Ludwig, Graf Schenk von
Abgeordnete
Abgeordnete (140) Albrecht, Joseph Ambros Michael von
Ammensdörfer, Friedrich
Bach, Johann
Bähr, Georg
Bayer, Hieronymus Johann Paul Ritter von
Benzino, Ludwig Louis
Bergold, Stephan
Bertram, Friedrich Anton
Bestelmeyer, Johann Georg
Billmann, Rupert Wilhelm
Binner, Georg
Blass, Leonhard
Boeckh, Christian Friedrich
Brogino, Jacob Anton
Brückner, Joseph
Brunck, Peter
Butler-Clonebough, Theobald Graf von
Clement, Christoph
Dall'Armi, Andreas von
Deym Zu Arnstorf, Joseph Johann Nepomuck Wenzelslaus Graf von
Ebenhöch, Franz Andreas
Ebert, Johann
Enke, Johann Ernst August
Erthel, Friedrich
Eser, Johann Nepomuk
Faßmann, Adam von
Fischer, Anton von
Fitting, Johannes
Flembach, Joseph Anton Ritter von
Folie, Gabriel
Fraunhofen, Carl August Freiherr von und zu Alt-und Neufrauenhofen
Freyberg-Eisenberg, Maximilian Prokop Freiherr von
Friedrich (Friederich), Leonhard
Fuchs (Bimbach und Dornheim), Otto Karl Freiherr von
Gack, Georg Christoph
Gampert, Heinrich
Gareis, Heinrich
Glass, Johann Benedikt von
Glenk, Wilhelm Johann Emanuel
Göbel, Adam
Götz, Christoph Wilhelm
Gumppenberg, Wilhelm Eduard Freiherr von
Haas, Nikolaus
Hack, Philipp
Hagen, Erhard Christian von
Harleß, Adolph Gottlieb Christoph Ritter von
Harsdorf, Johann Karl Christoph Friedrich Freiherr von
Hegele, Anton
Herrschmann, Johann Caspar
Hoffmann, Michael
Hoffmann, Peter
Höfter (Hefter), Joseph
Hölzlein, Georg
Holzschuher, Rudolph Sigmund Freiherr von
Hummel, Johann
Jordan, Ludwig Andreas
Kaden, Stephan
Klausner, Nikolaus
Kolb, Gottfried
Korb, Karl von
Körblein, Markus
Kress Von Kressenstein, Christoph Wilhelm Karl Freiherr von
Ladenberger, Peter
Lambert, Pankraz
Landgraf, Christian von
Lang, Johann
Laubmann, Christian Gottfried
Leuchs, Johann Georg Friedrich
Lipp, Joseph
Lochmüller, Johann Thomas
Lodter, Christian Matthias
Maffei, Joseph Anton Ritter von
Mayer (Meyer), Heinrich Wilhelm Elisa
Meinel, Friedrich Wilhelm
Moser, Martin
Mühldorfer, Philipp von
Müller, Daniel Ernst
Müller, Michael
Neuland, Johann Adam
Niggl, Joseph Anton
Oerthel, Georg Friedrich von
Poschinger, Georg Benedikt Ritter von
Pummerer, Valentin Maximilian
Rauch, Alois
Rebmann, Johann Georg Friedrich
Reck, Johann Michael Freiherr von
Reudelhuber, Johann Georg
Riezler, Franz Xaver
Rist, Bonifaz
Ritter, Daniel
Rotenhan, Hermann Freiherr von
Saur, Christoph Konrad
Schaezler, Ferdinand Benedikt Freiherr von
Schäfer, Johann Christoph
Schaller, Johann Baptist
Schardt, Adam
Schattenfroh, Joseph
Schedel Greiffenstein, Johann von
Schleissinger, Johann Andreas
Schmidt, Johann Jakob
Schnell, Franz Xaver
Schulz, Theodor
Schweymaier, Johann
Schwindl, Peregrin
Seckendorff, Georg Friedrich Albrecht Freiherr von
Seeholzer, Mathias
Seewald, Philipp Wilhelm
Seinsheim, Carl Graf von
Sigmund, Johann Albrecht
Silberhorn, Johann Nepomuk
Staedtler, Johann Friedrich
Stangl, Georg
Stegmayer, Karl Martin Ritter von
Stöcker, Georg Moritz
Streber, Nikolaus von
Tafel, Franz
Tann-Rathsamhausen, Heinrich Ferdinand Freiherr von und zu der
Thon-Dittmer, Gottlieb Freiherr von
Tischer, Alois
Trautner, Friedrich
Utzschneider, Joseph Ritter von
Vogel, Remigius
Walch, Christoph Daniel
Weinzierl, Cölestin
Weiß, G.
Weiss, Johann
Weiss, Ludwig Erasmus
Welden, Georg Karl Friedrich Adolf Freiherr von
Wening, Franz Xaver Ritter von
Wiespauer, Joseph
Windorfer, Joseph
Windwart, Jakob von
Wochinger, Joseph
Wolf, Christian Heinrich
Wurm, Joseph
Zarbl, Johann Baptist
Zemsch, Georg Friedrich
Ziegler, Jakob
Ziegler, Karl Friedrich
Zinn, Christian Christoph
Reichsräte (54) Arco-Valley, Carl Maria Rupert Graf von
Arco-Valley, Maximilian Joseph Graf von
Arco-Zinneberg, Ludwig Aloys Graf von
Armansperg, Joseph Ludwig Graf von
Bayern, Carl Theodor Maximilian Prinz von
Bayern, Luitpold Emanuel Herzog in
Bayern, Luitpold Prinz, später Prinzregent von
Bayern, Maximilian Herzog in
Bayern, Maximilian II. Kronprinz, später König von
Castell-Castell, Friedrich Ludwig Graf zu
Fraunberg, Joseph Maria Freiherr von
Freyberg-Eisenberg-Knöringen, Clemens Wenzeslaus Freiherr von
Fugger zu Glött, Fidelis Ferdinand Graf von
Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn, Raimund Ignaz Graf von
Fugger zu Kirchheim, Josef Hugo Graf von
Fugger zu Kirchheim, Max Josef Graf von
Fugger zu Nordendorf, Karl Anton Graf von
Gebsattel, Lothar Karl Anselm Joseph Freiherr von
Giech, Hermann Graf zu
Gravenreuth, Maximilian Joseph Graf von
Gumppenberg, Anton Joseph Freiherr von
Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Franz Josef Fürst zu
Leiningen-Hartenburg, Carl Fürst zu
Leonrod, Carl Ludwig Freiherr von
Leuchtenberg, Maximilian Joseph Eugen Herzog von
Lotzbeck, Carl Ludwig Freiherr von
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Carl Friedrich Fürst zu
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Carl Ludwig Constantin Fürst zu
Mandl von Deutenhofen, Johann Anton Freiherr von
Maurer, Georg Ludwig Ritter von
Montgelas, Maximilian Joseph Wilhelm Graf von
Niethammer, Friedrich Emanuel Freiherr von
Niethammer, Julius Adolph Freiherr von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Aloys Johann Fürst von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein, Friedrich Fürst zu
Oettingen-Wallerstein, Ludwig Fürst von
Ortenburg-Tambach, Franz Karl Rudolph Graf zu
Pappenheim, Carl Theodor Friedrich Graf von
Preysing-Lichtenegg-Moos, Maximilian Joseph Franz Graf von
Rechberg und Rothenlöwen, August Graf von
Rechteren und Limpurg, Reinhard Burkart Graf von
Reigersberg, Heinrich Aloys Graf von
Richarz, Peter Ritter von
Roth, Karl Johann Friedrich Freiherr von
Sandizell, Cajetan Peter Graf von und zu
Schenk, Eduard von
Schönborn-Wiesentheid, Franz Erwein Damian Joseph Graf von
Schrenck von Notzing, Sebastian Freiherr
Seinsheim, August Karl Graf von
Stauffenberg, Franz Ludwig Graf Schenk von
Thurn und Taxis, Maximilian Karl Fürst von
Toerring-Guttenzell, Maximilian August Graf von
Wrede, Carl Theodor Fürst von
Würtzburg, Joseph Franz Freiherr von
Zandt, Maximilian Anton Friedrich Freiherr von

Minister / Kabinette:

Minister
Staatsminister des Kgl. Hauses und des Äußern: Gise, August, Freiherr von
Staatsminister des Innern: Abel, Carl August, von
Staatsminister der Justiz: Schrenck von Notzing, Sebastian, Freiherr von
Staatsminister der Finanzen: Wirschinger, Ludwig, Ritter von
Kriegsminister: Gumppenberg, Anton Joseph, Freiherr von

Wahlergebnisse:

In der Frühzeit des Konstitutionalismus ist eine Darstellung der Wahlergebnisse nach Parteien nicht möglich. Es gibt keine festgefügten Parteien mit formeller Mitgliedschaft, Programm, Statuten und Vorstand. Politische Zusammenschlüsse dieser Art sind geradezu verboten. Es gibt auch keine festgefügten Fraktionen innerhalb des Parlaments. Die Herausbildung von Fraktionen wird absichtsvoll durch die dem Zufall überlassene Sitzordnung behindert.
Es gibt nur allgemeine Parteirichtungen wie Liberale oder Konservative mit allen Zwischenstufen, wobei man einen bestimmten Abgeordneten in der Regel nicht eindeutig einer Richtung zuordnen kann. Viele Abgeordnete lassen sich bei ihrer Stimmabgabe von ihrer Einschätzung der konkreten Frage leiten, um die es gerade geht. Das Hin- und Herschwanken der Abstimmungsergebnisse zeigt deutlich, dass sie nicht auf festgefügte Stimmblöcke, sondern auf individuelle Entscheidungen (einschließlich der Abwesenheit) zurückgehen. Im Übrigen gilt allgemein bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus: aus der Sicht der jeweiligen Regierung (bzw. des jeweiligen Königs) gibt es nur zwei "Parteien": Regierungstreue und Oppositionelle. Die Trennlinie zwischen beiden ist nicht identisch mit der zwischen Liberalen und Konservativen; Zeitgenossen erwähnen auch den Typ des "liberalen Servilen" (d.h. den Wünschen der Regierung willfährigen Liberalen) und des regierungskritischen Konservativen (aus welchen Motiven heraus auch immer). Schließen sich Abgeordnete zu einer Gruppe zusammen, dann eher informell und auf landsmannschaftlicher Basis, wobei die fränkischen und pfälzischen Abgeordneten eher auf der "linken" (liberalen bis radikalliberalen) Seite des politischen Spektrums stehen.
Von der Landtagswahl im Mai 1869 an werden hier die jeweiligen Wahlergebnisse der Parteien in Mandatszahlen sowie - wenn möglich - auch in Prozentzahlen der Wählerstimmen angegeben.

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