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9. Landtag: 1842-1843 (5. Wahlperiode 1839-1845) < >

Sitzungsdauer: 14.11.1842-30.08.1843
Rückansicht des Parlamentsgebäudes an der Prannerstraße 1842
Rückansicht des Parlamentsgebäudes an der Prannerstraße 1842
1842
© Bayerischer Landtag, München

Dieser Landtag bringt den Durchbruch zu einem klärenden Kompromiss zwischen Regierung und Parlament in der grundsätzlichen Frage des Budgetrechts, obwohl es zunächst nicht nach Annäherung aussieht.
Der König ernennt den Grafen von Seinsheim zum Präsidenten der Abgeordnetenkammer, obwohl dieser nur die fünfthöchste Anzahl an Stimmen seitens der Abgeordneten erhalten hat, und obwohl dieser seit Mai 1840 Finanzminister ist. Für die Abgeordneten ergibt sich also, dass der Präsident der eigenen Kammer dem gegnerischen Lager angehört. Die Eröffnung des Landtags findet erstmals im Thronsaal der Residenz, nicht im Parlamentsgebäude statt. Die kurze Thronrede widmet den geplanten Gesetzesvorlagen (darunter dem Haushalt für die kommenden sechs Jahre) nur einen Abschnitt; ansonsten geht es um allgemeine Dinge wie das Vaterlandsgefühl der Deutschen, das sich z.B. bei den Spenden für den Dombau in Köln gezeigt habe, und das nun durch eine die Vergrößerung des deutschen Zollvereins Befriedigung finde. Die Reichsräte kommentieren in ihrer Adresse diesen Teil der Thronrede mit dem Wunsch, dass bald "keine Zollschranke mehr trennt, was Einem Staatenbunde angehört" (Österreich gehört nicht zum Zollverein).
Die "Nachweisungen" (die Regierungsausgaben der vorhergehenden Finanzperiode) sind auch diesmal nicht unproblematisch. Einerseits hat die Regierung beinahe 30 Millionen Gulden "erübrigt", also weniger ausgegeben, als im Budgetgesetz von 1837 veranschlagt war. Über die Verwendung der "Erübrigungen" möchte der König alleine bestimmen. Andererseits hat es erhebliche Mehrausgaben beim Kanal- und Eisenbahnbau gegeben sowie beim Ausbau von Germersheim zur Festung; letzteres ist wegen des militärischen Aspekts (königliche Kommandogewalt!) ein besonders heikler Punkt. Den Abgeordneten liegt nichts daran, die Kontroverse mit der Regierung auf die Spitze zu treiben; aber von ihrem Budgetrecht - wie sie es sehen - wollen sie nichts preisgeben. Sie beschließen, dass die Ausgaben für den Festungsausbau nicht anerkannt werden, alle anderen Ausgaben schon. Und für die Verwendung der "Erübrigungen" seien die Stände zuständig; die Regierung solle nachträglich die Genehmigung zu ihrer Verwendung einholen und damit auf die freie Verfügbarkeit verzichten. Die Reichsräte schließen sich diesem Punkt an. Der König ist allerdings der Meinung, dass er das Recht habe, allein zu entscheiden, ob Germersheim zur Festung ausgebaut werde oder nicht. Ganz allgemein möchte er nicht vom Haushaltsgesetz zu Ausgaben gezwungen werden, die er für unnötig oder falsch hält. Ludwig I. überlegt bereits, das Schiedsgericht des Deutschen Bundes anzurufen, was zumindest zu einer vorzeitigen Landtagsauflösung mit Neuwahlen führen würde.
Innenminister von Abel - die führende, aber nicht unumstrittene Persönlichkeit im Ministerium - will zu einem Kompromiss kommen. Er versucht zunächst, den Landtag zur Annahme des vorgelegten Budgets zu verlocken, indem er einige "populäre" Ausgaben (z.B. für den Bau von Straßen und Bädern) mit geringen Summen aus den "Erübrigungen" einfügt. Das gelingt nicht. Nun tritt Fürst Oettingen-Wallerstein, der ehemalige Minister und nunmehrige Reichsrat, auf den Plan. Er möchte zwischen König und Parlament vermitteln und arbeitet (auch mit Hilfe aus dem Regierungslager) ein Dokument mit dem Titel "Verfassungsverständnis" aus. Darin wird versucht, bezüglich des Budgetrechts eine präzise Abgrenzung der jeweiligen Kompetenzen der Regierung (bzw. des Königs) und des Parlaments in Ergänzung zu den Verfassungsbestimmungen vorzunehmen. Der König lehnt diesen Entwurf zunächst ab: Er müsste einige der ihm wichtigsten Rechtspositionen räumen, die er seit 1837 eingenommen hat. Sogar Abel rät ihm zum Nachgeben, sonst wäre kein baldiger und friedlicher Ausgang des Landtags möglich; es sollten keine Fragen offen gelassen werden, "deren freundliche Lösung in diesem Augenblick mit Wahrung der Kronrechte möglich" sei. Schließlich gibt der König nach und akzeptiert das sogenannte "Verfassungsverständnis"; er fürchtet, ohne diesen Kompromiss vom Landtag nur ein Minimal-Budget genehmigt zu bekommen, das die Verwirklichung seiner drei wichtigsten Bauunternehmungen gefährdet hätte (wobei ein Teil dieser Bauten im vergangenen Budget gar nicht aufgeführt war): die Festung Germersheim, der Main-Donau-Kanal und der Eisenbahnbau Hof-Lindau.
Der Kern des "Verfassungsverständnisses" besteht in Folgendem:
1. Die bisherige Praxis, durch manipulierte Budgets, in denen die Einnahmen zu niedrig und die Ausgaben zu hoch angesetzt wurden, um "Erübrigungen" zu erwirtschaften, über die der König alleine verfügt, wird als unzulässig erklärt. "Erübrigungen" sind reguläre Staatseinnahmen.
2. Einnahmen müssen grundsätzlich für die Zwecke ausgegeben werden, für die sie im Budget bezeichnet werden.
3. Andererseits erkennen die Abgeordneten an, dass das parlamentarische Prüfungsrecht nicht so weit reicht, einzelne Posten nach Belieben erhöhen oder senken zu können.
Von nun an geht alles glatt. Das Steuergesetz für die Jahre 1843 bis 1849 wird ohne Änderung angenommen. Die Abgeordneten ändern das Budget zwar ab, auch unter Einbeziehung "neuer", nunmehr gesetzlich festgeschriebener Staatsaufgaben wie besserer Finanzausstattung der inneren Verwaltung, der Schulen und Universitäten etc., aber auf eine Weise, welche die Regierung akzeptieren kann. Für die Verwendung früherer Einnahmen (einschließlich des Germersheimer Festungsbaus) wird die Regierung entlastet. Auch das Prinzip des vom Staat finanzierten Eisenbahnbaus wird akzeptiert, obwohl eine Reihe von Abgeordneten aus dem ländlichen Raum einen Eisenbahnbau auf Staatskosten für unnötig halten, da er nur wenigen nutze.
Bei anderen Gesetzesthemen geht es nicht so friedlich zu. Die Abgeordneten fordern den König auf, den "Kniebeuge-Erlass" von 1838 aufzuheben, also die Vorschrift, dass bei katholischen Feierlichkeiten wie der Fronleichnamsprozession alle Soldaten ohne Unterschied der Konfession das Knie vor dem Allerheiligsten zu beugen haben. Dahinter steht die Ablehnung der Konfessionalisierung des öffentlichen Lebens unter Abel. Die Reichsräte stimmen dem Antrag nicht zu. Der König hebt sie dennoch am 13. Dezember 1845 auf.
Am Schluss seines Landtags-Abschieds lobt der König: "Das zu Stande gekommene 'Verfassungsverständnis' hat die Grenzen der königlichen und der ständischen Rechte...auf dem Boden der Verfassung in teutschem Sinn abgemarkt (markiert)...Mit Vertrauen haben die Stände auch die Mittel ohne alle Verkürzung bewilligt, welche Wir für die Bedürfnisse des Vaterlandes verfassungsmäßig in Anspruch genommen hatten." Das bedeutet nicht, dass Ludwig I. seinen Frieden mit den "Anmaßungen" des Parlaments geschlossen hätte.

Götschmann, S. 695-736; Kraus, in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Band IV/1, S. 218 ff.

Gesetzgebung:

Gesetze:
- Mehrere Gesetze zum Eisenbahnbau (Eisenbahndotation, Anlehen zur Deckung der Kosten für die Linie Hof-Lindau, Zinsübernahme für die Linie Ludwigshafen-Bexbach)
- Zolltarife, Zollverträge
- Budget (Einnahmen inkl. "Erübrigungen" und Ausgaben)
- Zwischenwahl zur Abgeordnetenkammer, wenn ein Abgeordneter ausscheidet und kein gewählter Ersatzmann vorhanden ist
Nicht zustande gekommene Gesetze:
- Keine von Bedeutung

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium Kammer der Abgeordneten
1.Präsident: Seinsheim, Carl, Graf von
2.Präsident: Bayer, Prof.Dr. Hieronymus Johann Paul, Ritter von
1.Sekretär: Thon-Dittmer, Gottlieb, Freiherr von
2.Sekretär: Windwart, Dr. Jakob, von
Präsidium Kammer der Reichsräte
1.Präsident: Leiningen-Hartenburg, Carl, Fürst zu
2.Präsident: Arco-Valley, Carl Maria Rupert, Graf von
1.Sekretär: Stauffenberg, Franz Ludwig, Graf Schenk von
2.Sekretär: Zu Rhein, Friedrich Carl, Freiherr von
Abgeordnete
Abgeordnete (146) Albrecht, Joseph Ambros Michael von
Ammensdörfer, Friedrich
Bach, Johann
Bähr, Georg
Bayer, Hieronymus Johann Paul Ritter von
Beer, Georg
Benzino, Ludwig Louis
Bergold, Stephan
Bertram, Friedrich Anton
Bestelmeyer, Johann Georg
Billmann, Rupert Wilhelm
Binner, Georg
Blass, Leonhard
Boeckh, Christian Friedrich
Brogino, Jacob Anton
Bruckmayer, Simon
Brückner, Joseph
Brunck, Peter
Butler-Clonebough, Theobald Graf von
Camuzzi, Gideon
Clement, Christoph
Dall'Armi, Andreas von
Deym Zu Arnstorf, Joseph Johann Nepomuck Wenzelslaus Graf von
Ebenhöch, Franz Andreas
Eberle, Anton
Eberle, Peter
Ebert, Johann
Enke, Johann Ernst August
Erthel, Friedrich
Eser, Johann Nepomuk
Fischer, Anton von
Flembach, Joseph Anton Ritter von
Folie, Gabriel
Fraunhofen, Carl August Freiherr von und zu Alt-und Neufrauenhofen
Freyberg-Eisenberg, Maximilian Prokop Freiherr von
Friedrich (Friederich), Leonhard
Fuchs (Bimbach und Dornheim), Otto Karl Freiherr von
Gack, Georg Christoph
Gampert, Heinrich
Gareis, Heinrich
Glass, Johann Benedikt von
Glenk, Wilhelm Johann Emanuel
Göbel, Adam
Götz, Christoph Wilhelm
Gresser, Wolfgang
Gumppenberg, Wilhelm Eduard Freiherr von
Haas, Nikolaus
Hack, Philipp
Hagen, Erhard Christian von
Harleß, Adolph Gottlieb Christoph Ritter von
Harsdorf, Johann Karl Christoph Friedrich Freiherr von
Hegele, Anton
Herrschmann, Johann Caspar
Hoffmann, Peter
Höfter (Hefter), Joseph
Hölzlein, Georg
Hummel, Johann
Jordan, Ludwig Andreas
Kaden, Stephan
Klausner, Nikolaus
Koch, Philipp Heinrich
Kolb, Gottfried
Körblein, Markus
Kornburger, Friedrich Conrad
Kress Von Kressenstein, Christoph Wilhelm Karl Freiherr von
Ladenberger, Peter
Lambert, Pankraz
Landgraf, Christian von
Lang, Johann
Laubmann, Christian Gottfried
Lechner, Franz Xaver
Leuchs, Johann Georg Friedrich
Leybold, Johann Sebastian
Lichtenstern-Reisner, Karl Freiherr von
Lipp, Joseph
Lochmüller, Johann Thomas
Lodter, Christian Matthias
Maffei, Joseph Anton Ritter von
Mayer, Bernhard
Mayer (Meyer), Heinrich Wilhelm Elisa
Meinel, Friedrich Wilhelm
Moser, Martin
Mühldorfer, Philipp von
Müller, Daniel Ernst
Müller, Michael
Neuland, Johann Adam
Oerthel, Georg Friedrich von
Parth, Joseph Albin
Poschinger, Georg Benedikt Ritter von
Pummerer, Valentin Maximilian
Rauch, Alois
Rebmann, Johann Georg Friedrich
Reck, Johann Michael Freiherr von
Reudelhuber, Johann Georg
Riezler, Franz Xaver
Ritter, Daniel
Rotenhan, Hermann Freiherr von
Saur, Christoph Konrad
Schaezler, Ferdinand Benedikt Freiherr von
Schäfer, Johann Christoph
Schaller, Johann Baptist
Schardt, Adam
Schattenfroh, Joseph
Schedel Greiffenstein, Johann von
Schleissinger, Johann Andreas
Schmidt, Johann Jakob
Schnell, Franz Xaver
Schönlaub, Joseph
Schulz, Theodor
Schwab, Joseph
Schwindl, Peregrin
Seckendorff, Georg Friedrich Albrecht Freiherr von
Seeholzer, Mathias
Seewald, Philipp Wilhelm
Seinsheim, Carl Graf von
Sigmund, Johann Albrecht
Staedtler, Johann Friedrich
Stangl, Georg
Stegmayer, Karl Martin Ritter von
Stöcker, Georg Moritz
Streber, Nikolaus von
Tafel, Franz
Tann-Rathsamhausen, Heinrich Ferdinand Freiherr von und zu der
Thon-Dittmer, Gottlieb Freiherr von
Tischer, Alois
Trautner, Friedrich
Tucher, Johann Sigmund Carl Freiherr von Simmelsdorf
Vogel, Remigius
Vollmer, Peter Philipp
Walch, Christoph Daniel
Wanzel, Friedrich Ludwig
Weiss, Johann
Weiss, Ludwig Erasmus
Welden, Georg Karl Friedrich Adolf Freiherr von
Wening, Franz Xaver Ritter von
Wiespauer, Joseph
Windorfer, Joseph
Windwart, Jakob von
Wochinger, Joseph
Wolf, Christian Heinrich
Wunderle, Anton
Wurm, Joseph
Zarbl, Johann Baptist
Ziegler, Jakob
Ziegler, Karl Friedrich
Zinn, Christian Christoph
Reichsräte (58) Arco-Valley, Carl Maria Rupert Graf von
Arco-Valley, Maximilian Joseph Graf von
Arco-Zinneberg, Ludwig Aloys Graf von
Armansperg, Joseph Ludwig Graf von
Bayern, Carl Theodor Maximilian Prinz von
Bayern, Luitpold Emanuel Herzog in
Bayern, Luitpold Prinz, später Prinzregent von
Bayern, Maximilian Herzog in
Bayern, Maximilian II. Kronprinz, später König von
Castell-Castell, Friedrich Ludwig Graf zu
Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth, Eberhard Franz Graf zu
Franckenstein, Georg Karl Freiherr von und zu
Freyberg-Eisenberg-Knöringen, Clemens Wenzeslaus Freiherr von
Fugger zu Glött, Fidelis Ferdinand Graf von
Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn, Raimund Ignaz Graf von
Fugger zu Nordendorf, Karl Anton Graf von
Gebsattel, Lothar Karl Anselm Joseph Freiherr von
Giech, Hermann Graf zu
Gravenreuth, Maximilian Joseph Graf von
Gumppenberg, Anton Joseph Freiherr von
Leiningen-Hartenburg, Carl Fürst zu
Leonrod, Carl Ludwig Freiherr von
Leuchtenberg, Maximilian Joseph Eugen Herzog von
Lotzbeck, Carl Ludwig Freiherr von
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Carl Friedrich Fürst zu
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Carl Ludwig Constantin Fürst zu
Mandl von Deutenhofen, Johann Anton Freiherr von
Maurer, Georg Ludwig Ritter von
Montgelas, Maximilian Joseph Wilhelm Graf von
Niethammer, Friedrich Emanuel Freiherr von
Niethammer, Julius Adolph Freiherr von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Aloys Johann Fürst von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Otto Karl Fürst von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein, Friedrich Fürst zu
Oettingen-Wallerstein, Ludwig Fürst von
Ortenburg-Tambach, Franz Karl Rudolph Graf zu
Pappenheim, Carl Theodor Friedrich Graf von
Preysing-Lichtenegg-Moos, Maximilian Joseph Franz Graf von
Rechberg und Rothenlöwen, Albert Ulrich Graf von
Rechberg und Rothenlöwen, August Graf von
Rechteren und Limpurg, Ludwig Friedrich Graf von
Rechteren und Limpurg, Reinhard Burkart Graf von
Reigersberg, Heinrich Aloys Graf von
Richarz, Peter Ritter von
Roth, Karl Johann Friedrich Freiherr von
Sandizell, Cajetan Peter Graf von und zu
Schönborn-Wiesentheid, Erwein Hugo Graf von
Schrenck von Notzing, Sebastian Freiherr
Seinsheim, August Karl Graf von
Stauffenberg, Franz Ludwig Graf Schenk von
Thurn und Taxis, Maximilian Karl Fürst von
Toerring-Guttenzell, Maximilian August Graf von
Urban, Kaspar Bonifaz Ritter von
Waldbott-Bassenheim, Hugo Philipp Graf von
Waldburg-Zeil-Trauchburg, Franz Fürst von
Wrede, Carl Theodor Fürst von
Würtzburg, Joseph Franz Freiherr von
Zandt, Maximilian Anton Friedrich Freiherr von
Zu Rhein, Friedrich Carl Freiherr von

Minister / Kabinette:

Minister
Staatsminister des Kgl. Hauses und des Äußern: Gise, August, Freiherr von
Staatsminister des Innern: Abel, Carl August, von
Staatsminister der Justiz: Schrenck von Notzing, Sebastian, Freiherr von
Staatsminister der Finanzen: Seinsheim, Carl, Graf von
Kriegsminister: Gumppenberg, Anton Joseph, Freiherr von

Wahlergebnisse:

In der Frühzeit des Konstitutionalismus ist eine Darstellung der Wahlergebnisse nach Parteien nicht möglich. Es gibt keine festgefügten Parteien mit formeller Mitgliedschaft, Programm, Statuten und Vorstand. Politische Zusammenschlüsse dieser Art sind geradezu verboten. Es gibt auch keine festgefügten Fraktionen innerhalb des Parlaments. Die Herausbildung von Fraktionen wird absichtsvoll durch die dem Zufall überlassene Sitzordnung behindert.
Es gibt nur allgemeine Parteirichtungen wie Liberale oder Konservative mit allen Zwischenstufen, wobei man einen bestimmten Abgeordneten in der Regel nicht eindeutig einer Richtung zuordnen kann. Viele Abgeordnete lassen sich bei ihrer Stimmabgabe von ihrer Einschätzung der konkreten Frage leiten, um die es gerade geht. Das Hin- und Herschwanken der Abstimmungsergebnisse zeigt deutlich, dass sie nicht auf festgefügte Stimmblöcke, sondern auf individuelle Entscheidungen (einschließlich der Abwesenheit) zurückgehen. Im Übrigen gilt allgemein bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus: aus der Sicht der jeweiligen Regierung (bzw. des jeweiligen Königs) gibt es nur zwei "Parteien": Regierungstreue und Oppositionelle. Die Trennlinie zwischen beiden ist nicht identisch mit der zwischen Liberalen und Konservativen; Zeitgenossen erwähnen auch den Typ des "liberalen Servilen" (d.h. den Wünschen der Regierung willfährigen Liberalen) und des regierungskritischen Konservativen (aus welchen Motiven heraus auch immer). Schließen sich Abgeordnete zu einer Gruppe zusammen, dann eher informell und auf landsmannschaftlicher Basis, wobei die fränkischen und pfälzischen Abgeordneten eher auf der "linken" (liberalen bis radikalliberalen) Seite des politischen Spektrums stehen.
Von der Landtagswahl im Mai 1869 an werden hier die jeweiligen Wahlergebnisse der Parteien in Mandatszahlen sowie - wenn möglich - auch in Prozentzahlen der Wählerstimmen angegeben.

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