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11. Landtag: 1847 (6. Wahlperiode 1845-1848) < >

Sitzungsdauer: 20.09.1847-30.11.1847
Landtagsabschied 1847, S. 1
Landtagsabschied 1847, S. 1
30.11.1847, Druckschrift
© Digitalbild: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg

Der 11. Landtag ist ein "außerordentlicher" und mit einer Dauer von zwei Monaten bzw. 25 Sitzungen ungewöhnlich kurz. Er muss einberufen werden, weil eine bereits vom Landtag genehmigte Anleihe für den Eisenbahnbau nur platziert werden kann, wenn deren gesetzlich festgelegter Höchstzinssatz den höheren aktuellen Zinssätzen angepasst wird.
Im Februar 1847 ist das komplette Ministerium Abel zurückgetreten, weil es wegen der "Affäre Lola Montez" zum Bruch zwischen Ludwig I. und Abel und den hinter diesem stehenden politischen Kräften kam. Von nun an hat der König nicht nur mit der Opposition der Liberalen zu rechnen, sondern auch mit jener der eben noch begünstigten, sehr einflussreichen katholisch-Konservativen Kreise ("Ultramontane"). Der König versucht, diese Opposition zu schwächen, indem er z.B. mehrere betont katholische Universitätsprofessoren entlässt; so verliert auch Döllinger, der gewählte Vertreter der Universität München, sein Landtagsmandat. Das neue Ministerium besteht aus gemäßigt Liberalen, genießt aber nicht das volle Vertrauen des Königs; seine führenden Persönlichkeiten sind der Pfälzer und "Kulturprotestant" Georg von Maurer (Justiz, Äußeres), Friedrich Freiherr von Zu Rhein (Kultus, Finanzen) und Johann Baptist von Zenetti (Inneres). Dieses "Ministerium der Morgenröte" versucht, die kirchen- und bildungspolitischen Maßnahmen Abels rückgängig zu machen und den Reformprozess wieder in Gang zu setzen, wird dabei aber vom König blockiert. Sofort nach Schließung des Landtags (Ende November 1847) bildet dieser ein neues Ministerium.
Die Abgeordnetenkammer nominiert wieder an erster Stelle den protestantisch-konservativen Franken Freiherrn von Rotenhan für das Präsidentenamt; und der König ernennt ihn zum Präsidenten. Bei den Ausschusswahlen sind vor allem solche Abgeordnete erfolgreich, die weder der aktuellen Regierung oder jener unter Abel zu nahe stehen oder gestanden haben.
Erstmalig gibt es keine Thronrede. Die Abgeordneten beschließen dennoch eine Adresse, in der sie klar machen, dass sie sich nicht auf die Behandlung der Eisenbahnvorlage beschränken werden. Sie mahnen "zeitgemäße Fortschritte" an, deren Aufzählung die "Märzforderungen" vorwegnimmt, die ein halbes Jahr später - im Revolutionsjahr 1848 - von Volksmassen unterstützt werden: Wahlgesetzreform, Ministerverantwortlichkeit, Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege, Pressefreiheit, Aufhebung der adligen Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit, Achtung vor der Glaubensfreiheit, Förderung von Schule und Bildung sowie Lehrfreiheit. Während der Sitzungen kommen weitere Anträge dazu, z.B. für "Maßnahmen gegen Teuerung und Not" sowie eine Reform der Gesetze und der Rechtsprechung.
Im Landtagsabschied werden all diese Anträge und Wünsche übergangen. Einen Tag nach Landtagsschluss überträgt Ludwig I. Franz von Berks, einem Günstling Lola Montez', der rasch auch zum Berater des Königs avanciert war, das Innenministerium und dem Fürsten Ludwig von Oettingen-Wallerstein das Außen- und das Kultusministerium. Das Volk nennt dies das "Lola-Ministerium".

Götschmann, S. 769-784; Kraus, in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Band IV/1, S. 227 f.

Gesetzgebung:

Gesetze:
- Eisenbahnfinanzierungsgesetz (trotz erheblicher Abänderungen der Regierungsvorlage durch die Zweite Kammer)
Nicht zustande gekommene Gesetze:
- keine (mangels Regierungsvorlagen)

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium Kammer der Abgeordneten
1.Präsident: Rotenhan, Hermann, Freiherr von
2.Präsident: Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Justus, Graf von
1.Sekretär: Kirchgessner, Dr. Karl
2.Sekretär: Stockinger, Georg Jakob
Präsidium Kammer der Reichsräte
1.Präsident: Leiningen-Hartenburg, Carl, Fürst zu
2.Präsident: Oettingen-Wallerstein, Ludwig, Fürst von
1.Sekretär: Stauffenberg, Franz Ludwig, Graf Schenk von
2.Sekretär: Montgelas, Maximilian Joseph Wilhelm, Graf von
Abgeordnete
Abgeordnete (145) Ammensdörfer, Friedrich
Arco-Stepperg, Alois Nikolaus Ambros Graf von
Bähr, Georg
Barsch, Rudolph
Bauer, Johann Friedrich Christoph
Bayer, Hieronymus Johann Paul Ritter von
Bestelmeyer, Johann Georg
Brunck, Friedrich Karl
Christmann, Rudolph
Clement, Christoph
Closen, Karl Ferdinand Freiherr von
Cöster, Gustav Freiherr von
Daxenberger, Anton
Deininger, Georg Karl
Dorfner, Florian
Dorner, Michael
Dros, Georg Franz
Düring, Georg Adam
Eberle, Anton
Ebert, Johann
Edel, Karl Friedrich Wilhelm
Engelhardt, Johann Georg Veit
Engl, Peter
Eppelsheimer, Eduard
Eser, Johann Nepomuk
Eser, Willibald
Feilitzsch, Alexander Ernst Freiherr von
Fischer, Anton von
Förg (Förch), Franz Anton
Fraunhofen, Carl August Freiherr von und zu Alt-und Neufrauenhofen
Freyberg-Eisenberg, Maximilian Prokop Freiherr von
Fürmann (Führmann), Thomas
Geldern, Ludwig Friedrich August Graf von
Göbel, Adam
Götz, Christoph Wilhelm
Habermann, Joseph Heinrich von
Hack, Philipp
Haller, Johhann Baptist
Hauck, Karl Wilhelm Theodor
Heerdegen, Moritz
Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Justus Graf von
Heintz, Karl Friedrich Ritter von
Höfer, Albert
Höfter (Hefter), Joseph
Huber, Anton
Keim, Konrad
Kern, Johann Ludwig
Kessler, Franz Georg Anton
Kirchgessner, Karl
Klöpfer, Friedrich
Kolb, Gottfried
Kolb, Johann Ernst
Koller, Georg
Kraus, Johann Georg
Künsberg, Max Joseph Freiherr von
Langguth, Johann Georg
Lechner, Franz Xaver
Leidig, Georg Heinrich
Leiss, Franz Seraph
Lemberger, Johann Baptist
Lerchenfeld, Gustav Freiherr von
Leybold, Johann Sebastian
Liedl, Joseph
Lilier, Adolph
Limmer, Michael
Lindenfels, Carl Friedrich Wilhelm Freiherr von
Lüftenegger, Anton
Maffei, Joseph Anton Ritter von
Mandl, Johann Nepomuk Freiherr von Deutenhofen
Massa, Gottfried
Mayern, Joseph von
Mühlfeld, Johann
Müller, Daniel Ernst
Neuffer, Wilhelm Gottlieb Ritter von
Neumüller, Johann Baptist
Ney, Friedrich
Panzer, Valentin
Pfäffinger, Xaver Anton
Pflaum, Johann Baptist
Pöttinger, Joseph
Priester, Anton
Pückler-Limpurg, Friedrich Graf von Burg-Farrnbach
Rabl, Joseph
Rammoser, Johann Georg
Rath, Franz Michael
Rehlen, Christoph Ulrich
Reichert, Johann Michael
Reudelhuber, Johann Georg
Reulbach, Andreas
Riede, Nikolaus
Rieder, Georg
Riedheim, Maximilian Alexander Sigmund Karl Freiherr von
Riezler, Franz Xaver
Rotenhan, Hermann Freiherr von
Rückel, Johann Philipp
Ruland, Anton
Sattler, Wilhelm
Saur, Christoph Konrad
Sazenhofen, Friedrich Maximilian Freiherr von
Schaefer, Johann Ulrich
Schaezler, Ferdinand Benedikt Freiherr von
Schattenfroh, Joseph
Scheurl (Scheuerl), Christoph Gottlieb Adam Adolf von
Schlund, Fidel
Schmerold, Max
Schnetzer, Johann Michael
Scholler, Karl Friedrich
Schrank, Ignaz
Schrauder, Peter
Schwab, Joseph
Schwager, Michael
Schwindl, Peregrin
Schwinn, Johann
Sigmund, Johann Albrecht
Sohr, Joseph
Spiess, Thomas
Sporer, Franz Xaver
Staedtler, Johann Friedrich
Stain zum Rechtenstein, Marquard Freiherr von
Stangl, Georg
Stockinger, Georg Jakob
Stollreuther, Joseph
Tann-Rathsamhausen, Heinrich Ferdinand Freiherr von und zu der
Tillmann, Philipp
Trautner, Friedrich
Unterberger, Franz
Vetterlein, Johann Martin Karl
Vierling, Jakob
Vill, Alois
Villeroy, Felix
Vogel, Remigius
Wagner, Emil Karl Friedrich Moritz
Weinzierl, Simon
Weinzierl jun., Lorenz
Wicklein, Georg
Wiesend, Ambros
Willich, Friedrich Justus
Wolf, Karl Heinrich
Wunderle, Anton
Würth, Johann Ludwig
Zech, Joseph
Zehnder, Martin
Zeier, Georg Joseph
Ziegler, Jakob
Zinn, Christian Christoph
Reichsräte (62) Arco-Valley, Carl Maria Rupert Graf von
Arco-Valley, Maximilian Joseph Graf von
Arco-Zinneberg, Ludwig Aloys Graf von
Aretin auf Haidenburg, Peter Carl Freiherr von
Armansperg, Joseph Ludwig Graf von
Bayern, Adalbert Wilhelm Prinz von
Bayern, Carl Theodor Maximilian Prinz von
Bayern, Luitpold Emanuel Herzog in
Bayern, Luitpold Prinz, später Prinzregent von
Bayern, Maximilian Herzog in
Bayern, Maximilian II. Kronprinz, später König von
Castell-Castell, Friedrich Ludwig Graf zu
Deroy, Philipp Alois Graf von
Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth, Eberhard Franz Graf zu
Franckenstein, Georg Heinrich Arbogast Freiherr von und zu
Freyberg-Eisenberg-Knöringen, Clemens Wenzeslaus Freiherr von
Fugger zu Glött, Fidelis Ferdinand Graf von
Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn, Raimund Ignaz Graf von
Fugger zu Nordendorf, Karl Anton Graf von
Giech, Friedrich Carl Graf von und zu
Gravenreuth, Maximilian Joseph Graf von
Gumppenberg, Anton Joseph Freiherr von
Gumppenberg-Pöttmes, Adolph Eberhard Freiherr von
Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu
Leiningen-Hartenburg, Carl Fürst zu
Leonrod, Carl Ludwig Freiherr von
Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg, Maximilian Joseph Graf von
Leuchtenberg, Maximilian Joseph Eugen Herzog von
Lotzbeck, Carl Ludwig Freiherr von
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Carl Friedrich Fürst zu
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Carl Ludwig Constantin Fürst zu
Maurer, Georg Ludwig Ritter von
Montgelas, Maximilian Joseph Wilhelm Graf von
Niethammer, Friedrich Emanuel Freiherr von
Niethammer, Julius Adolph Freiherr von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Aloys Johann Fürst von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Otto Karl Fürst von
Oettingen-Wallerstein, Ludwig Fürst von
Ortenburg-Tambach, Franz Karl Rudolph Graf zu
Pappenheim, Carl Theodor Friedrich Graf von
Preysing-Lichtenegg-Moos, Maximilian Joseph Franz Graf von
Rechberg und Rothenlöwen, Albert Ulrich Graf von
Rechteren und Limpurg, Ludwig Friedrich Graf von
Reigersberg, Heinrich Aloys Graf von
Reisach, Carl August Graf von
Richarz, Peter Ritter von
Roth, Karl Johann Friedrich Freiherr von
Sandizell, Cajetan Peter Graf von und zu
Schönborn-Wiesentheid, Erwein Hugo Graf von
Schrenck von Notzing, Sebastian Freiherr
Seinsheim, August Karl Graf von
Seinsheim, Carl Graf von
Stauffenberg, Franz Ludwig Graf Schenk von
Thurn und Taxis, Maximilian Karl Fürst von
Toerring auf Seefeld, Maximilian Konrad Graf von
Toerring-Guttenzell, Maximilian August Graf von
Urban, Kaspar Bonifaz Ritter von
Waldbott-Bassenheim, Hugo Philipp Graf von
Waldburg-Zeil-Trauchburg, Constantin Maximilian Fürst von
Waldburg-Zeil-Wurzach, Leopold Maria Fürst von
Wrede, Carl Theodor Fürst von
Würtzburg, Joseph Franz Freiherr von
Zu Rhein, Friedrich Carl Freiherr von

Minister / Kabinette:

Minister
Ministerverweser des Staatsministeriums des Kgl. Hauses und des Äußern: Maurer, Georg Ludwig, Ritter von
Ministerverweser des Staatsministeriums des Innern: Zenetti, Johann Baptist, Ritter von
Ministerverweser des Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten: Zu Rhein, Friedrich Carl, Freiherr von
Ministerverweser des Staatsministeriums der Justiz: Maurer, Georg Ludwig, Ritter von
Ministerverweser des Staatsministeriums des Finanzen (bis 29.11.1847): Zu Rhein, Friedrich Carl, Freiherr von
Ministerverweser des Kriegsministeriums: Hohenhausen, Leonhard, Freiherr von

Wahlergebnisse:

In der Frühzeit des Konstitutionalismus ist eine Darstellung der Wahlergebnisse nach Parteien nicht möglich. Es gibt keine festgefügten Parteien mit formeller Mitgliedschaft, Programm, Statuten und Vorstand. Politische Zusammenschlüsse dieser Art sind geradezu verboten. Es gibt auch keine festgefügten Fraktionen innerhalb des Parlaments. Die Herausbildung von Fraktionen wird absichtsvoll durch die dem Zufall überlassene Sitzordnung behindert.
Es gibt nur allgemeine Parteirichtungen wie Liberale oder Konservative mit allen Zwischenstufen, wobei man einen bestimmten Abgeordneten in der Regel nicht eindeutig einer Richtung zuordnen kann. Viele Abgeordnete lassen sich bei ihrer Stimmabgabe von ihrer Einschätzung der konkreten Frage leiten, um die es gerade geht. Das Hin- und Herschwanken der Abstimmungsergebnisse zeigt deutlich, dass sie nicht auf festgefügte Stimmblöcke, sondern auf individuelle Entscheidungen (einschließlich der Abwesenheit) zurückgehen. Im Übrigen gilt allgemein bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus: aus der Sicht der jeweiligen Regierung (bzw. des jeweiligen Königs) gibt es nur zwei "Parteien": Regierungstreue und Oppositionelle. Die Trennlinie zwischen beiden ist nicht identisch mit der zwischen Liberalen und Konservativen; Zeitgenossen erwähnen auch den Typ des "liberalen Servilen" (d.h. den Wünschen der Regierung willfährigen Liberalen) und des regierungskritischen Konservativen (aus welchen Motiven heraus auch immer). Schließen sich Abgeordnete zu einer Gruppe zusammen, dann eher informell und auf landsmannschaftlicher Basis, wobei die fränkischen und pfälzischen Abgeordneten eher auf der "linken" (liberalen bis radikalliberalen) Seite des politischen Spektrums stehen.
Von der Landtagswahl im Mai 1869 an werden hier die jeweiligen Wahlergebnisse der Parteien in Mandatszahlen sowie - wenn möglich - auch in Prozentzahlen der Wählerstimmen angegeben.

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