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17. Landtag: 1855-1856 (9. Wahlperiode 1855-1858) < >

Sitzungsdauer: 01.09.1855-03.07.1856
Ansicht des Glaspalastes in München
Ansicht des Glaspalastes in München
Fotografie, Foto: M. Stuffler
© Privatbesitz

Für die Neuwahlen am 30. Mai 1855 werden wieder alle Register der Wahlbeeinflussung gezogen. Die Opposition wird erheblich geschwächt; zudem zerfällt sie in zwei Lager. Der Landtag wird im September vom König im Thronsaal der Residenz eröffnet. Max II. weist in seiner Thronrede sofort auf die Hauptaufgabe hin: die Verabschiedung des Haushalts für die nächsten sechs Jahre. Es ist bisher beim sechsjährigen Budget geblieben und dem König liegt daran, diese Praxis beizubehalten, weil kürzere Finanzperioden auch eine häufigere Einberufung des Landtags zur Folge hätten. Max II. erwähnt, dass sich bei einer Prüfung des letzten Budgets weitere Einsparmöglichkeiten ergeben hätten, sodass man die Kosten für die allgemeine deutsche Industrieausstellung im neuerbauten Münchner Glaspalast 1854 - die nicht im Budget enthalten waren - ohne zusätzliche Mittel aufgebracht habe. Ferner kündigt er Vorlagen zum Ausbau des Schienennetzes in der Rheinpfalz sowie Entwürfe eines Strafgesetzes und eines Polizeistrafgesetzes an.
Die Kammer der Abgeordneten stellt in ihrer Adresse jedoch andere Themen in den Vordergrund, insbesondere die Verwirklichung einer Bundesverfassung, die "den Völkern Deutschlands einen gesicherten Rechtszustand" gewährleistet. Sie erklärt, dass die sechsjährige Budgetperiode "übermäßig" lang sei, aber dass sie alles tun wolle, um die "stattgehabte Unregelmäßigkeit in der Verwendung der Staatsmittel" (gemeint ist die Finanzierung der Industrieausstellung) "auf verfassungsmäßigem Weg auszugleichen".
Besonders umstritten ist wieder der Militäretat. Der 1854 entbrannte Krimkrieg berührt zwar Bayern nicht direkt; aber die Nachbarstaaten rüsten auf. Der Kriegsminister beantragt einen Kredit von 15 Millionen Gulden zur Deckung schon vorhandener Zahlungsrückstände und für "außerordentliche Bedürfnisse der Armee". Die Abgeordneten halten jedoch den Stand der bayerischen Armee für ausreichend und streichen den Kredit auf 6,5 Millionen Gulden zusammen. Obwohl Staatsrat und König den vom Kriegsminister mit 13,7 Millionen Gulden angesetzten regulären Militäretat in der Haushaltsvorlage schon auf 10 Millionen gekürzt haben, genehmigen die Abgeordneten nur 7,5 Millionen Gulden und protestieren gleichzeitig gegen die vom Deutschen Bund geforderte Erhöhung des bayerischen Kontingents.
Im Abschied behält sich der König vor, etwaige Einnahmeausfälle durch Festsetzung von Mehreinnahmen auszugleichen. "Missfällig" habe er zur Kenntnis genommen, dass die Zweite Kammer den Heeresetat gekürzt habe. Er werde den Kriegsminister - Wilhelm v. Manz - zwar zur Sparsamkeit anhalten, wolle aber das Heer in einem "der Würde unserer Krone, der Stellung Bayerns und den übernommenen Bundespflichten entsprechenden Stand" erhalten und behalte sich eventuelle Mehrausgaben vor, die er dem nächsten Landtag mit den "Nachweisungen" vorlegen werde.

Volkert, in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Band IV/1, S. 255 f.; Gruner, Das bayerische Heer, S. 241 ff.

Gesetzgebung:

Gesetze:
- provisorische Erhebung der Steuern für 1855/56
- Finanzgesetz (Budget) für die Jahre 1855 bis 1861 (trotz stark reduziertem Militäretat)
- Eisenbahndotation und Zinsgarantie für Privatunternehmer, welche die Eisenbahnstrecken Nürnberg-Amberg-Regensburg, München-Landshut-Donau, Regensburg-Landesgrenze Richtung Pilsen, Regensburg-Landesgrenze bei Passau sowie in der Rheinpfalz die Strecke Bad Homburg-Zweibrücken bauen
- Ergänzungen zur Gerichtsverfassung diesseits des Rheins
- Abgabe der Bergwerke diesseits des Rheins
- Bau einer Eisenbahnlinie von Lichtenfels nach Coburg bis zur Landesgrenze sowie Änderungen beim Ausbau der Eisenbahnlinie von Rosenheim bis an die Landesgrenze bei Salzburg
- Zoll- und Handelsverhältnisse
- gemischtgerichtliche Untersuchungen
Nicht zustande gekommene Gesetze:
- Entwürfe zum Straf- und Polizeistrafgesetz

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium Kammer der Abgeordneten
1.Präsident: Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Justus, Graf von
2.Präsident: Paur, Dr. Adolph Xaver
1.Sekretär: Nar, Carl, von
2.Sekretär: Meyer, Dr. Friedrich Ludwig
Präsidium Kammer der Reichsräte
1.Präsident: Stauffenberg, Franz Ludwig, Graf Schenk von
2.Präsident: Seinsheim, Carl, Graf von
1.Sekretär: Niethammer, Dr. Julius Adolph, Freiherr von
2.Sekretär: Montgelas, Maximilian Joseph Wilhelm, Graf von
Abgeordnete
Abgeordnete (154) Angerer, Johann Baptist
Arnheim, Fischel
Auer, Max von
Aufschnaiter (Aufschnaitter), Franz
Baader, Joseph
Bachmaier, Emanuel
Barth, Marquard Adolph
Bassus, Max Freiherr von
Bauer, Joseph
Beer, Johann Nikolaus Ludwig
Berlenz, Michael
Bermühler (Behrmühler), Georg
Binder, Peter
Borst, Johann Kaspar
Boyé, Adolph Bernhard
Briegleb, Ottmar
Brunck, Friedrich Karl
Buhl, Franz Peter
Butler-Clonebough, Theobald Graf von
Carl, Adam
Chelius, Christian Christoph
Closen, Karl Ferdinand Freiherr von
Craemer, Karl von
Dellefant, Mathias Matthäus
Dietmaier (Dietmair), Joseph
Doppelhammer, Ignaz
Edel, Karl Friedrich Wilhelm
Elbert, Kilian Josef
Endres, Joseph
Förg, Franz
Först (Ferst), Georg
Freyberg-Öpfingen, Ludwig Freiherr von
Fuchs, Johann Baptist
Gebhard, Wilhelm
Gemmingen, Eduard Freiherr von
Gillitzer, Johann
Götz, Georg Josef
Gumppenberg, Ludwig Albert Freiherr von
Hack, Philipp
Haid, Georg Jacob
Hamminger, Georg
Heber, Sebald Sebastian
Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Justus Graf von
Heidinger, Franz Xaver
Hiltner, Joseph
Hundt, Philipp Graf von
Jäger, Lukas
Käfferlein, Johann Eberhard
Kaltenhauser, Georg
Kapfhammer, Ignatz
Keyl, Friedrich Alexander
Kifinger (Kiefinger), Franz Seraph
Kirchgessner, Karl
Knoll, Franz Joseph
Koller, Franz
Krafft (Kraft), Friedrich Karl Wilhelm
Krämer, Michael Georg
La Rosée, Emanuel Graf von
Lang, Eduard
Lang, Jakob Franz
Längenfelder, Johann
Lasaulx, Ernst von
Lerchenfeld, Gustav Freiherr von
Lorch, Johann Philipp
Lottner, Ludwig von
Mahla, Robert Friedrich Ferdinand
Mandel, Friedrich Wilhelm
Mayr (Mayer), Georg
Meyer, Friedrich Ludwig
Molique, Ludwig
Moser, Max
Mühlthaler, Sebastian
Müller, Adam
Müller, Daniel Ernst
Münch, Hermann von
Nar, Carl von
Nast, Wolfgang
Natterer, Johann Baptist
Netsch, Martin
Neuffer, Wilhelm Gottlieb Ritter von
Nickel, Anton
Nickels, Ferdinand
Nöthig, Christian
Nützel, Friedrich Adam
Oettingen-Wallerstein, Ludwig Fürst von
Ottmann, Karl Friedrich
Paur, Adolph Xaver
Pelkhoven, Max Freiherr von
Perfall, Max Freiherr von
Pfaff, Mathias
Pfetten, Maximilian Marquard Freiherr von
Pflaum, Johann Baptist
Pfordten, Ludwig Karl Freiherr von der
Poschinger, Michael Ritter von
Prinz, Eugen Napoleon
Rabl, Joseph
Rammoser, Johann Georg
Rebenack, Friedrich Wilhelm
Rechenmacher, Franz Xaver
Reichenberger, Johann
Reichenberger, Joseph Johann
Reinpold, Max
Riemerschmid, Anton
Römmich, Ludwig
Roos, August
Rotenhan, Hermann Freiherr von
Roth, Friedrich
Ruland, Anton
Scharpff, Peter Carl
Scherf, Heinrich
Schick, Jakob
Schlör, Gustav von
Schmaus, Georg
Schmid, Remigius
Schrauder, Peter
Schwarzmiller, Joseph
Schweyer, Joseph
Sedlmayr, Gabriel
Sedlmayr (Sedlmayer, Sedlmaier), Andreas
Seitz, Johann Anton
Senestrey, Joseph Johann Karl
Simmerl, Joseph
Stadler, Alois
Stadler, Leonhard
Stanglmair (Stanglmeyer), Simon
Stauber, Karl Christoph
Steinheimer, Georg
Sturm, Joseph Johann
Stützle, Joseph
Tafel, Franz
Thüngen auf Zeitlofs, Philipp Freiherr von
Trenkle, Hermann
Urban, August Anton
Vierling, Jakob
Vogel, Remigius
Völk, Franz Joseph
Völk, Thomas
Wagner, Karl Theodor
Walz, Johann Adam
Weinmann, Karl Ferdinand
Weis, Ludwig von
Welden, Georg Karl Friedrich Adolf Freiherr von
Wiedemann, Joseph Jakob
Wiedenhofer, Wenzeslaus
Wieninger, Max Christoph
Wild, Xaver Franz
Wolf, Johann Georg Anton
Wolf, Karl Heinrich
Wolfskeel, Karl Freiherr von
Wolfsteiner (Wolffsteiner), Johann Baptist
Wolz, Karl Philipp
Zarbl, Johann Baptist
Zaspel, Friedrich
Ziegler, Joseph
Reichsräte (61) Arco-Valley, Maximilian Joseph Graf von
Aretin auf Haidenburg, Peter Carl Freiherr von
Bayer, Hieronymus Johann Paul Ritter von
Bayern, Adalbert Wilhelm Prinz von
Bayern, Carl Theodor Maximilian Prinz von
Bayern, Ludwig Wilhelm Herzog in
Bayern, Luitpold Emanuel Herzog in
Bayern, Luitpold Prinz, später Prinzregent von
Bayern, Maximilian Herzog in
Castell-Castell, Friedrich Ludwig Graf zu
Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth, Eberhard Franz Graf zu
Franckenstein, Georg Heinrich Arbogast Freiherr von und zu
Freyberg-Eisenberg-Knöringen, Clemens Wenzeslaus Freiherr von
Fugger von Babenhausen, Leopold Karl Fürst
Fugger zu Glött, Fidelis Ferdinand Graf von
Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn, Raimund Ignaz Graf von
Fugger zu Kirchheim und Hoheneck, Philipp Karl Graf von
Giech, Friedrich Carl Graf von und zu
Gravenreuth, Maximilian Joseph Graf von
Gumppenberg-Pöttmes, Adolph Eberhard Freiherr von
Harleß, Adolph Gottlieb Christoph Ritter von
Heintz, Karl Friedrich Ritter von
Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu
Leiningen, Ernst Leopold Fürst zu
Leiningen-Hartenburg, Carl Fürst zu
Leonrod, Carl Ludwig Freiherr von
Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg, Maximilian Joseph Graf von
Lotzbeck auf Weyhern, Alfred Freiherr von
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Adolph Karl Fürst zu
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Karl Heinrich Fürst zu
Maurer, Georg Ludwig Ritter von
Montgelas, Maximilian Joseph Wilhelm Graf von
Niethammer, Julius Adolph Freiherr von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Otto Karl Fürst von
Oettl, Georg Ritter von
Ortenburg-Tambach, Franz Karl Rudolph Graf zu
Pappenheim, Albert Graf zu
Ponickau auf Osterberg, Julius Johann Freiherr von
Preysing-Lichtenegg-Moos, Maximilian Joseph Franz Graf von
Quadt zu Wykradt und Isny, Otto Friedrich Graf von
Rechberg und Rothenlöwen, Albert Ulrich Graf von
Rechteren und Limpurg, Ludwig Friedrich Graf von
Reigersberg, Heinrich Aloys Graf von
Reisach, Carl August Graf von
Sandizell, Cajetan Peter Graf von und zu
Schönborn-Wiesentheid, Erwein Hugo Graf von
Seinsheim, August Karl Graf von
Seinsheim, Carl Graf von
Stauffenberg, Franz Ludwig Graf Schenk von
Thurn und Taxis, Karl Theodor Fürst von
Thurn und Taxis, Maximilian Karl Fürst von
Toerring auf Seefeld, Maximilian Konrad Graf von
Toerring-Guttenzell, Maximilian August Graf von
Urban, Kaspar Bonifaz Ritter von
Waldbott-Bassenheim, Hugo Philipp Graf von
Waldburg-Zeil-Trauchburg, Constantin Maximilian Fürst von
Waldburg-Zeil-Wurzach, Leopold Maria Fürst von
Waldkirch, Clemens August Graf von
Wrede, Carl Theodor Fürst von
Würtzburg, Joseph Franz Freiherr von
Yrsch, Eduard Johann Graf von
Zu Rhein, Friedrich Carl Freiherr von

Minister / Kabinette:

Minister
Staatsminister des Kgl. Hauses und des Äußern sowie Vorsitzender im Ministerrat: Pfordten, Dr. Ludwig Karl, Freiherr von der
Staatsminister des Innern: Reigersberg, August Lothar, Graf von
Staatsminister des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten: Zwehl, Theodor, von
Staatsminister der Justiz: Ringelmann, Dr. Friedrich, Ritter von
Staatsminister der Finanzen: Aschenbrenner, Dr. Josef
Staatsminister des Handels und der öffentlichen Arbeiten: Pfordten, Dr. Ludwig Karl, Freiherr von der
Kriegsminister: Manz, Wilhelm, Ritter von

Wahlergebnisse:

In der Frühzeit des Konstitutionalismus ist eine Darstellung der Wahlergebnisse nach Parteien nicht möglich. Es gibt keine festgefügten Parteien mit formeller Mitgliedschaft, Programm, Statuten und Vorstand. Politische Zusammenschlüsse dieser Art sind geradezu verboten. Es gibt auch keine festgefügten Fraktionen innerhalb des Parlaments. Die Herausbildung von Fraktionen wird absichtsvoll durch die dem Zufall überlassene Sitzordnung behindert.
Es gibt nur allgemeine Parteirichtungen wie Liberale oder Konservative mit allen Zwischenstufen, wobei man einen bestimmten Abgeordneten in der Regel nicht eindeutig einer Richtung zuordnen kann. Viele Abgeordnete lassen sich bei ihrer Stimmabgabe von ihrer Einschätzung der konkreten Frage leiten, um die es gerade geht. Das Hin- und Herschwanken der Abstimmungsergebnisse zeigt deutlich, dass sie nicht auf festgefügte Stimmblöcke, sondern auf individuelle Entscheidungen (einschließlich der Abwesenheit) zurückgehen. Im Übrigen gilt allgemein bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus: aus der Sicht der jeweiligen Regierung (bzw. des jeweiligen Königs) gibt es nur zwei "Parteien": Regierungstreue und Oppositionelle. Die Trennlinie zwischen beiden ist nicht identisch mit der zwischen Liberalen und Konservativen; Zeitgenossen erwähnen auch den Typ des "liberalen Servilen" (d.h. den Wünschen der Regierung willfährigen Liberalen) und des regierungskritischen Konservativen (aus welchen Motiven heraus auch immer). Schließen sich Abgeordnete zu einer Gruppe zusammen, dann eher informell und auf landsmannschaftlicher Basis, wobei die fränkischen und pfälzischen Abgeordneten eher auf der "linken" (liberalen bis radikalliberalen) Seite des politischen Spektrums stehen.
Von der Landtagswahl im Mai 1869 an werden hier die jeweiligen Wahlergebnisse der Parteien in Mandatszahlen sowie - wenn möglich - auch in Prozentzahlen der Wählerstimmen angegeben.

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