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27. Landtag: 1875-1876 (14. Wahlperiode 1875-1881) < >

Sitzungsdauer: 28.09.1875-29.07.1876
Es ist geschehn! Das Ministerium hab ich gerettet...
Es ist geschehn! Das Ministerium hab ich gerettet...
19.06.1875, Karikatur in Die Bremse
© Digitalbild: Ludwig-Maximilians-Universität München, Bibliothek der Institute am Englischen Garten, Zeitungsarchiv

Noch vor den Landtagswahlen erwägt König Ludwig II. einen politischen Kurswechsel, indem er den bayerischen Reichsrat und zugleich Vorsitzenden der katholischen Zentrumsfraktion im Reichstag, Georg Freiherrn von Franckenstein, mit der Bildung eines Ministeriums beauftragt. Dieser lehnt ab, da seine Ernennung in Berlin als Beginn einer Oppositionspolitik gegen das Reich - das gerade in der Auseinandersetzung gegen den politischen Katholizismus ("Kulturkampf") begriffen ist - gedeutet würde. Ludwig belässt schließlich die staatsliberale und reichsfreundliche Regierung im Amt.
Die Wahlen bringen den Patrioten 79 Mandate und den Liberalen, die sich inzwischen zusammengeschlossen haben, 77 Mandate, wovon eines einem Fraktionslosen zugeordnet ist. Sie belegen aber erneut die Wirkung der "Wahlkreisgeometrie", indem hinter den 79 Mandaten der Patrioten 2,8 Millionen Stimmen stehen, hinter den 77 der Liberalen aber nur 1,9 Millionen Stimmen.
Die Patrioten protestieren in einer Adresse, die mit 79 gegen 76 Stimmen angenommen wird, gegen die Wahlkreiseinteilung, mit der "die wahre Meinung...der großen Mehrheit des bayerischen Volkes unterdrückt" werde. Die Regierung solle zurücktreten; nur eine Regierung, die es nicht nötig habe, mit Hilfe "eines erkünstelten Gleichgewichts" die eine Seite der Kammer gegen die andere auszuspielen, könne Vertrauen gewinnen und auch im Reich zu Ansehen gelangen, ohne weiterhin "ein Stück nach dem anderen von den bayerischen Kron- und Landesrechten" preiszugeben und dabei einem Interesse zu folgen, "das sehr weit davon entfernt ist, das allgemein deutsche zu sein".
Justizminister Johann Nepomuk von Fäustle weist den Vorwurf zurück, dass Bayern irgendwelche "Kron- und Landesrechte" preisgegeben habe; darauf, dass der preußische Gesandte in München im Auftrag von Bismarck Einfluss auf die bayerische Innenpolitik ausübt, geht er nicht ein. Der König weigert sich, diese Adresse entgegenzunehmen; er will jeden Anschein vermeiden, dass er seine Politik am Willen der Parlamentsmehrheit ausrichte, und will so verhindern, dass die Regierung in die Abhängigkeit vom Parlament gerät. Obwohl er mehrfach erwogen hat, das liberale Ministerium durch ein konservatives zu ersetzen, unterlässt er deshalb einen solchen Schritt.
Die Patrioten verständigen sich darauf, zwar keine Fundamentalopposition zu betreiben, aber allein die zur Fortführung des Staatshaushalts unbedingt notwendigen Ausgaben zu genehmigen. Sie erreichen jedoch nur, dass Kriegsminister Sigmund Freiherr von Pranckh zurücktritt, weil ihm der Landtag die Verwendung des größeren Teils der französischen Kriegsentschädigungszahlungen für militärische Zwecke verweigert (Nachfolger wird Josef Maximilian Ritter von Maillinger).
Beide Kammern richten gemeinsam 22 Anträge an den König, vornehmlich zu Besoldungsfragen, zur Finanzierung des Neubaus der Akademie der bildenden Künste, zur Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Organisation und das Verfahren der Verwaltungsbehörden sowie zum Eisenbahn- und Straßenbau. Ludwig genehmigt elf dieser Anträge und weist die anderen dem zuständigen Ministerium zur Prüfung zu.

Albrecht, in: Handbuch der bayerischen Geschichte, Band IV/1, S. 379 ff.; Botzenhart, Die Regierungstätigkeit Ludwigs II., S. 82 ff., 110 ff.

Gesetzgebung:

Gesetze:
- Finanzgesetz (Haushaltsgesetz) für 1876 und 1877
- Abänderungen des Tax- und Stempelgesetzes
- provisorische Steuerhebung und vorläufige Bestreitung besonderer Ausgaben für 1876
- revidierte Gerichtsvollzieherordnung
- Kredit für außerordentliche Bedürfnisse des Heeres
- pfälzische Eisenbahnen
- Bau weiterer Lokaleisenbahnen, Ausstattung des Lokaleisenbahnbaufonds
- Änderungen des Notariatsgesetzes
- Abänderung des Artikels 472 des in der Pfalz geltenden Strafprozessgesetzbuches
Nicht zustande gekommene Gesetze:
- Reorganisation des forstlichen Unterrichts
- fünfte Lateinschule (Lateinklasse) der humanistischen Gymnasien

Die Mitglieder des Landtages:

Präsidium Kammer der Abgeordneten
Präsident: Ow-Felldorf, Karl, Freiherr von
Vizepräsident: Kurz, Dr. Karl Heinrich, von
1.Schriftführer: Jörg, Dr. Edmund
2.Schriftführer: Soden-Fraunhofen, Maximilian, Graf von
3.Schriftführer: Häuser, Philipp
4.Schriftführer: Grießenbeck, Karl Sigmund Christian, Freiherr von
Präsidium Kammer der Reichsräte
1.Präsident: Stauffenberg, Franz Ludwig, Graf Schenk von
2.Präsident: Schrenck von Notzing, Karl, Freiherr
1.Sekretär: Niethammer, Dr. Julius Adolph, Freiherr von
2.Sekretär: Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg, Ludwig Heinrich Emil, Graf von
Abgeordnete
Abgeordnete (207) Abt, Friedrich August
Alwens, Karl von
Ament, Heinrich
Arbinger, Johann Baptist
Asam, Pius
Aub, Friedrich Ernst
Auer, Georg
Bätz, Martin
Becher, Joseph
Beckh, Hermann
Bergmann, Friedrich
Birner, Franz
Brandenburg, Heinrich
Brendel, Georg
Brückl, Johann Evangelist
Buhl, Eugen Ritter von
Burger, Franz
Conradi, Friedrich
Craemer, Karl von
Daller, Balthasar Ritter von
Datzl, Michael
Demmler, Johann
Deuringer, Michael
Diendorfer, Johann Evangelist
Dietl, Anton
Dobeneck, Hans Alban Freiherr von
Dorn, Heinrich
Drechsler, Franz Xaver
Dürrschmidt, Otto Heinrich Gustav
Eckart, Friedrich
Eckart, Gottfried Gotthard
Eckl, Johann Baptist
Engert, Karl
Erl, Ulrich
Exter, Jakob
Fäustle, Johann Nepomuk von
Feigel, Heinrich
Feurstein, Michael
Fischer, Ludwig Fr. Alex von
Fleischmann, August
Föckerer, Karl
Frank, Alois
Frank, Friedrich
Frankenburger, Wolfgang
Freyburger, Carl Philipp
Freytag (Freitag), Andreas
Frickhinger, Albert
Fugger zu Kirchberg und Weissenhorn, Hartmann Graf von
Gaisbauer, Franz Xaver
Geiger, Johann
Grieninger, Friedrich Franz
Grießenbeck, Karl Sigmund Christian Freiherr von
Grohe, Clemens Clement
Groß, Ludwig Philipp
Gunzenhäuser, Wolfgang
Hafenbrädl, Aloys Freiherr von
Hafenbrädl, Franz Xaver Freiherr von
Hahn, Johann Karl
Hauck, Thomas Ritter von
Häuser, Philipp
Haushofer, Max
Hegele, Kasimir
Heiler, Maximilian
Hennemann, Josef Johann Baptist
Henning, Franz Seraph
Hermann, Otto
Hermann, Rudolph
Herr, Georg
Herz, Carl
Heuck, Otto
Hilgenrainer, Mathias
Höfer, Christoph Johann Chrysostomus
Höh, Jakob
Hohenadel, Gustav
Holzwarth, Franz Ignaz
Hörmann von Hörbach, Winfried
Horn, Hubert
Huhn, Adalbert
Jakob (Jacob), Johann Wilhelm
Jegel, Wilhelm
Jörg, Edmund
Kallenbach, Georg
Kasberger, Mathias
Keller, Jakob
Keller, Johann Evangelist
Kihn, Valentin
Kinateder, Mathias Peter
Kircher, Bartholomäus
Klotz, Anton Gregor
Knecht, Ferdinand
Knoll, Simon
Koch, Vinzenz
Köllerer, Franz Seraphim
Kopp, Julius
Krätzer, Adolf
Krauß, Konrad Friedrich
Kraußold, Heinrich
Kraußold (Kraussold), Max
Kuby, Ferdinand
Kurz, Karl Heinrich von
Lampert, Friedrich
Landmann, Anton von
Lang, Adam
Lang, Karl Anton
Langlois, Josef (Anton?) von
Lauerer, Michael
Leffer, Adam
Lerzer, Johann Baptist
Leyrer (Leyerer), Leonhard
Lindner, Joseph
Link, Johann
Louis, Ludwig
Ludwigs, Franz
Lugscheider, Matthäus
Lukas (Lucas), Gerhard
Marquardsen, Heinrich Ritter von
Mayer, Max Theodor
Mayer, Michael
Mayr (Mayer), Georg
Mehling jun., Franz
Merkle, Matthias
Meyer, Johann Friedrich
Molitor, Wilhelm
Müller, Julius Ferdinand Ritter von
Münch, Hermann von
Neuper, Emil
Ostermann, Franz Paul
Otto, Franz
Ow-Felldorf, Karl Freiherr von
Peßl, Heinrich von
Petzet, Ernst
Pfahler, Joseph Konrad
Ponschab, Georg
Rambaldi, Ferdinand Graf von
Ratzinger, Georg
Rausch, Willibald
Reichold, Karl
Reiffel, Georg
Reitberger, Joseph
Richter, Friedrich
Rittler, Alois
Röckl, Johann
Rosenberger, Franz Xaver
Rottmayr, Mathias (Mathäus)
Ruppert, Kaspar Ritter von
Rußwurm, Franz Anton
Sauerbrey, Christian
Schackert, Georg
Schäfler, Joseph
Scharrer, Max
Schauß, Friedrich Ritter von
Schels, August
Schierer, Michael
Schlör, Gustav von
Schmelcher, Matthias
Schmid, Anton
Schmidt, Karl Heinrich
Schmidt, Philipp
Schmidtkonz, Johann Nepomuk
Schmitt, Gustav
Schmitt, Kleophas
Schneider, Valentin
Schöpf, Franz Anton
Schuster, Josef
Schüttinger, Jacob
Sedlmeyer, Michael
Seitz, Franz Ferdinand
Seiz (Seitz), Josef
Sellner, Ernst
Senestrey, Joseph Johann Karl
Siebert, Franz
Sing, Carl
Sittig, Veit
Sitzler, Ludwig
Soden-Fraunhofen, Maximilian Graf von
Speckner, Ignaz
Spett, Joseph
Stadler, Alois
Stauffenberg, Franz August Freiherr von
Stenglein, Melchior
Stief, Julius
Stobäus, Oskar von
Strauß, Johann Michael
Strößenreuther, Christoph
Theison, Ludwig
Then (Thenn), Johann Michael
Thiem, Georg
Tillmann, Philipp
Trauth, Adolph
Triller, Michael
Ungemach, Ignaz
Vaillant, Ludwig Reinhard
Völk, Franz Joseph
Vollmuth, Michael
Wagner, Karl Theodor
Weidert, Karl
Weimer, Andreas
Wenglein, Adam Wilhelm Georg
Werkmeister, Jakob
Weth, Andreas
Wildegger, Michael
Winkelhofer (Winklhofer), Benedikt
Wolf, Karl Heinrich
Wolfrum, Johann Nikolaus
Wülfert, Karl Friedrich
Würth, Anton
Zach, Josef
Reichsräte (75) Arco-Valley, Karl Borromäus Graf von
Arco-Valley, Maximilian Joseph Graf von
Aretin auf Haidenburg, Peter Carl Freiherr von
Bayern, Arnulf Prinz von
Bayern, Karl Theodor Herzog in
Bayern, Leopold Maximilian Prinz von
Bayern, Ludwig III. Prinz, ab 1912 Prinzregent, ab 1913 König von
Bayern, Ludwig Wilhelm Herzog in
Bayern, Luitpold Emanuel Herzog in
Bayern, Luitpold Prinz, später Prinzregent von
Bayern, Maximilian Herzog in
Bayern, Maximilian Emanuel Herzog in
Bayern, Otto I. Kronprinz von, später König von
Böcking, Ferdinand Louis Ritter von
Bomhard, Eduard Peter Apollonius Ritter von
Bothmer, Max Graf von
Bray-Steinburg, Otto Camillus Hugo Gabriel Graf von
Castell-Castell, Karl Friedrich Graf zu
Castell-Rüdenhausen, Wolfgang August Graf zu
Cramer-Klett, Theodor sen. ab 1855 Ritter von, ab 1876 Freiherr von
Deym zu Arnstorf, Joseph Graf von, Freiherr von Strzitiz
Dinkel, Pankratius Ritter von
Döllinger, Johann Joseph Ignaz Ritter von
Erbach-Erbach und von Wartenberg-Roth, Eberhard Franz Graf zu
Franckenstein, Georg Heinrich Arbogast Freiherr von und zu
Fugger von Babenhausen, Leopold Karl Fürst
Fugger zu Glött, Fidelis Ferdinand Graf von
Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn, Franz Raimund Graf von
Fugger zu Kirchheim und Hoheneck, Philipp Karl Graf von
Giech, Karl Gottfried Graf von und zu
Gravenreuth, Maximilian Heinrich Freiherr von
Gumppenberg-Pöttmes, Adolph Eberhard Freiherr von
Guttenberg, Hermann Freiherr von
Harleß, Adolph Gottlieb Christoph Ritter von
Haubenschmied, Ferdinand Ritter von
Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu
Holnstein aus Bayern, Maximilian Karl Graf von
Leiningen, Ernst Leopold Fürst zu
Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg, Ludwig Heinrich Emil Graf von
Lotzbeck auf Weyhern, Eugen Freiherr von
Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Wilhelm Paul Fürst zu
Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Karl Heinrich Fürst zu
Maldeghem, Carl Leopold Graf von
Montgelas, Maximilian Joseph Ambrosius Graf von
Mühle-Eckart auf Leonberg, Carl Heinrich Graf von der
Neuffer, Wilhelm Gottlieb Ritter von
Neumayer, Ludwig Ritter von
Niethammer, Julius Adolph Freiherr von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Spielberg, Otto Karl Fürst von
Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein, Karl Friedrich Krafft Ernst Fürst von
Ortenburg-Tambach, Franz Karl Rudolph Graf zu
Ortenburg-Tambach, Friedrich Karl Graf zu
Pappenheim, Ludwig Ferdinand Graf zu
Pfretzschner, Adolph Ritter von
Ponickau auf Osterberg, Julius Johann Freiherr von
Poschinger auf Frauenau, Georg Benedikt Ritter von
Pözl, Joseph Ritter von
Pranckh, Sigmund Freiherr von
Preysing-Lichtenegg-Moos, Maximilian Joseph Franz Graf von
Quadt zu Wykradt und Isny, Otto Friedrich Graf von
Rechberg und Rothenlöwen, Albert Ulrich Graf von
Rechteren und Limpurg, Ludwig Friedrich Graf von
Sandizell, Maximilian Josef Graf von und zu
Scherr, Gregor Ritter von
Schönborn-Wiesentheid, Clemens August Graf von
Schreiber, Friedrich Ritter von
Schrenck von Notzing, Karl Freiherr
Seinsheim-Grünbach, Maximilian Joseph Sixtus Graf von
Stauffenberg, Franz Ludwig Graf Schenk von
Toerring auf Seefeld, Maximilian Konrad Graf von
Toerring-Jettenbach-Guttenzell auf Seefeld, Clemens Maria Graf von, Freiherr auf Seefeld
Truchseß-Wetzhausen, Max Freiherr von
Waldbott-Bassenheim, Hugo Philipp Graf von
Waldburg-Zeil-Trauchburg, Wilhelm Franz Fürst von
Wrede, Karl Friedrich Fürst von
Würtzburg, Karl Philipp Veit Freiherr von

Minister / Kabinette:

Minister
Staatsminister des Kgl. Hauses und des Äußern sowie Vorsitzender im Ministerrat: Pfretzschner, Adolph, Ritter von
Staatsminister des Innern: Pfeufer, Sigmund Heinrich, Freiherr von
Staatsminister des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten: Lutz, Johann, Ritter von
Staatsminister der Justiz: Fäustle, Dr. Johann Nepomuk, von
Staatsminister der Finanzen: Berr, Georg, Ritter von
Kriegsminister: Maillinger, Josef Maximilian, Ritter von

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