Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich ein Trend bei den reichen Stadtbewohnern: Sie sehnten sich nach Ruhe und Entspannung als Abwechslung zu ihrem Alltagsstress. Und genau diese Oase konnten sie in den Sommermonaten hervorragend auf dem Land finden. Auch Kelheim galt dank seiner natürlichen Gegebenheiten als begehrte Sommerresidenz. Deswegen wurde 1878 der „Verkehrs- und Verschönerungsverein Kelheim“ gegründet, der die Infrastruktur ausbaute, um den Ansprüchen der Touristen zu genügen. Unter anderem wurden zahlreiche Spazierwege angelegt, Grünanlagen angepflanzt und Ruhebänke aufgestellt.
Vor allem lokale Gaststätten warben in vielen Reiseführern mit ihren Köstlichkeiten, um die Reisenden in die Stadt zu locken. Jedoch zeigten die Reiseführer nicht nur allein die gekochten Spezialitäten auf, sondern alles, was Kelheim zu bieten hatte: Angefangen bei großartigen Jagd- und Fischereimöglichkeiten bis hin zu Badeplätzen, von den Sommerkellern der Brauereien bis zu den vorzüglichen Betten. Jedoch am allerwichtigsten: Die herrliche Landschaft. Diese Werbung lohnte sich vor allem ab 1918, als der Urlaub für die Arbeiterschaft tariflich abgesichert wurde. Dadurch erhöhten sich die Tourismuszahlen, da sich nun auch die ärmere Bevölkerung die ländliche Erholung leisten konnte.
Kelheim zeichnet sich durch eine einmalige Landschaft aus und wurde daher nicht grundlos 1840 von König Ludwig I. zum ersten Naturschutzgebiet Bayerns erklärt. Besonders bekannt ist das Donautal, in dem sich die Donau durch die Kalkfelsen des Jura, die bis zu 100 Meter hoch sind, hindurchschlängelt. Daher gleiten Schiffe täglich durch die Weltenburger Enge, vorbei an der Langen Wand und dem Wilhelmsfelsen, die Donau hinauf zum Weltenburger Kloster und wieder zurück nach Kelheim, damit die Menschen dieses natürliche Werk auch bewundern können.
Weitere Schönheiten der Natur, die die Touristen für einen längeren Aufenthalt begeistern konnten, waren und sind die Klamm bei Nußhausen und zwei Tropfsteinhöhlen, wobei heute nur noch eine der beiden, nämlich das Schulerloch nahe Riedenburg, erhalten ist, da die zweite, die im heutigen Donaupark lag, durch eine Sprengung zerstört worden ist.
Als bekanntestes Bauwerk gilt die Befreiungshalle, die von König Ludwig I. als Gedenkstätte für die siegreichen Schlachten gegen Napoleon in den Befreiungskriegen (1813-1815) in Auftrag gegeben wurde. Jedoch begründen auch das Weltenburger Kloster und die mittelalterlichen Burganlagen den Charme Kelheims. Die Burgen Randeck, Prunn sowie der Rosenburg wurden jedoch um 1900 wenig touristisch genutzt, da sie schwer zugänglich waren. Daher sorgte Anfang des 20. Jahrhunderts nur ihr Anblick aus dem Tal für Bewunderung der Reisenden.
Auch heute gelten die oben genannten Bauwerke als touristische Ziele, wobei sich auch neuere Attraktionen finden lassen wie der Archäologiepark Altmühltal, das Orgelmuseum in der Franziskanerkirche oder das Archäologische Museum Kelheim.
Um 1900 gab es in Kelheim sowohl 14 Beherbungsbetriebe mit insgesamt 154 Betten als auch private Vermietungen mit 216 Betten. Die Touristen mussten zwischen 50 Pfennig und 2,50 Mark für eine Nacht zahlen.
Im Jahr 2016 standen 921 Betten für die Touristen zur Verfügung, wovon 767 gewerblich und 154 privat vermietet werden konnten. Insgesamt gab es 97.975 Übernachtungen in Kelheim und die Reisenden konnten sich in 17 Gaststätten und Restaurants kulinarisch verwöhnen lassen.
Der Tourismus in Kelheim ist damals wie heute allgegenwärtig. So erfreuen sich lange Spaziergänge, Wanderungen und Radausflüge sowie Schiff- und Zillenfahrten immer noch großer Beliebtheit bei den Reisenden. Der größte Unterschied zu den früheren Urlaubsgewohnheiten ist wohl die Aufenthaltsdauer: Während die Sommerfrischler um 1900 mehrmonatige, sommerliche Erholungskuren in der idyllischen Landschaft genossen, ist der Aufenthalt der heutigen Reisenden oft nur kurz. Auch die Art des Reisens hat sich verändert: Vor einem Jahrhundert war die Schifffahrt längst nicht so stark ausgeprägt wie heutzutage. Damals übernahmen meist Zillen die Überfahrt von Weltenburg nach Kelheim, was wesentlich langwieriger und körperlich anstrengender war, da die Zillen per Hand wieder nach Weltenburg gezogen werden mussten. In der heutigen Zeit ist diese Überfahrt dank der großen Schiffe nicht mehr mit so großen Aufwand verbunden.
Außerdem mussten die Feriengäste früher noch kräftig in die Pedale treten, wenn sie auf den angelegten Wegen die idyllische Landschaft hautnah erfahren wollten. Heutzutage können E-Bikes diese Anstrengung verringern und dennoch zur Erholung beitragen.