Anders als bei den Worten Dachau oder Flossenbürg denkt man bei Saal an der Donau zunächst wohl nicht an ein Konzentrationslager. Doch von Herbst 1944 bis zum 20.4.1945 gab es hier eine Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg. Die Häftlinge mussten Zwangsarbeit für die Messerschmitt GmbH, die Flugzeuge für die deutsche Luftwaffe produzierte, leisten. In den letzten Kriegsjahren wurde das Messerschmitt-Werk in Regensburg stark bombardiert, weshalb man Teile der Produktion auslagerte – so auch nach Saal an der Donau, wo eine unterirdische Produktionsstätte am Ringberg entstehen sollte.
Das Lager ist relativ unbekannt, wohl auch, weil es nur wenige Überlebende gibt. Einer von ihnen ist Jakob Haiblum, ein polnischer Jude, mit dessen Erlebnissen sich Eva Hueber befasste. Jakob Haiblum wurde 1925 geboren und lebte mit seinen Eltern sechs Geschwistern in Starachowice. Nach dem Überfall der Deutschen auf Polen wurde die Familie zunächst in ein Zwangsarbeitslager gebracht und schließlich in verschiedene Konzentrationslager verschleppt. Nur Jakob Haiblum und sein Bruder Aleksander sollten den Holocaust überleben. Sie galten als „arbeitstauglich“ und wurden daher in das Arbeitslager Auschwitz deportiert. Nach Auflösung des Lagers wurde Jakob Haiblum auf einem der sogenannten „Todesmärsche“ nach Flossenbürg gebracht; von dort aus kam er am 15.2.1945 in Saal an der Donau an, wo er drei Monate lang blieb. Jakob Haiblum beschreibt Saal an der Donau in einem Zeitzeugeninterview mit Eva Hueber als das schrecklichste aller Lager, die er kennenlernen musste.
Die von ihm angefertigte Lagerskizze verdeutlicht, wie provisorisch das Lager war. Die Gefangenen waren in vier Holzbaracken untergebracht. Anders als die meisten Konzentrationslager gab es weder Waschbaracken noch eine Lagerküche. Entsprechend katastrophal waren die hygienischen Bedingungen, was zu zahlreichen Krankheiten und einer erschreckend hohen Sterblichkeit unter den Häftlingen führte. Haiblum sagt über die Verpflegung: „Der Zustand im Lager Saal war absolut erschreckend. Wir hatten wirklich kaum etwas zu essen. Ich war in zehn verschiedenen Lagern, aber dieses Lager bleibt mir in grausamster Erinnerung. Noch nie musste ich so hungern.“
Am 20.4.1945 wurde das Lager in Saal aufgelöst und die überlebenden Häftlinge auf einen „Todesmarsch“ nach Dachau geschickt. Dort wurde Jakob Haiblum am 29. April 1945 von den Amerikanern befreit. Nach einigen Jahren in Eggenfelden wanderte Jakob Haiblum nach Israel aus und gründete dort eine Familie. 1997 besuchte er Saal zum ersten Mal wieder und kommt seither regelmäßig, um das Gedenken an dieses dunkle Kapitel der Saaler Geschichte wachzuhalten.