Die NS-Bewegung nahm ihren Ausgang in Bayern, zunächst in München, aber auch Franken spielte eine entscheidende Rolle. Die NSDAP, die nach ihrer Gründung 1919 in fast allen Ländern des Reiches verboten wurde, fand gerade in Bayern zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer sowie Förderinnen und Förderer. Diese Personen waren mit dafür verantwortlich, dass Hitler und die NSDAP für eine breite Masse der Bevölkerung wählbar wurde. Mit ihrer Hilfe gelang es, das NS-Regime und seine rassistische Ideologie umzusetzen, auszubauen und aufrechtzuerhalten.
17 Biogramme zeigen im Folgenden die biografischen Anfänge des Nationalsozialismus in Bayern. Dargestellt werden bayerische Personen, die eine wichtige Rolle für die NS-Bewegung gespielt oder einflussreiche Positionen erlangt haben.
1921 wurde Max Amann Geschäftsführer der NSDAP. Er übernahm die Leitung der Parteizeitung „Völkischer Beobachter“ und des Eher-Verlags, den er zum Zentralverlag der NSDAP ausbaute. Amann nahm 1923 am „Hitlerputsch“ teil und gehörte ab 1924 der Fraktion der NSDAP im Münchner Stadtrat an. 1933 wurde er Präsident der Reichspressekammer, als welcher er Kontrolle über das gesamte deutsche Presse- und Verlagswesen ausübte. 1948 wurde er als „Hauptschuldiger“ zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt, aber bereits 1953 entlassen.
Die Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G. entwickelte sich ab Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Forum für antisemitisches und völkisches Schriftgut. Das Ehepaar Hugo und Elsa Bruckmann führte zudem in München einen Salon, der auch Treffpunkt von Rechten war. Dort verkehrte ab 1924 Hitler, der von Elsa Bruckmann in die großbürgerlichen Kreise eingeführt wurde. Dies trug indirekt zu Hitlers Wahlerfolgen 1930 bis 1932 bei. Nach 1933 blieben die Bruckmanns Unterstützer Hitlers, hatten aber keinen vergleichbaren Einfluss mehr.
1915 gründete Dietrich Eckart den rechtsextremen Hoheneichen-Verlag und verfasste rechtsradikale, antisemitische Schriften. Eckart war Mitgründer der NSDAP und wurde 1921 Chefredakteur des Parteiorgans „Völkischer Beobachter“. Nach seinem Tod 1923, vor allem ab 1933, spielte Eckart im nationalsozialistischen Parteimythos eine zentrale Rolle. Zahlreiche Bauten, Straßen und Plätze wurden nach ihm benannt. Neumarkt in der Oberpfalz führte von 1934 bis 1945 den offiziellen Namenszusatz „Dietrich-Eckart-Stadt“.
Epps Freikorps spielte im Mai 1919 eine führende Rolle bei der blutigen Niederschlagung der Münchner Räterepublik. Zahlreiche spätere NS-Größen wie Hans Frank, Rudolf Heß, Ernst Röhm und die Gebrüder Strasser gehörten Epps Freikorps an. 1928 trat er in die NSDAP ein. 1933 wurde Epp im gleichgeschalteten Bayern Reichsstatthalter, der die Durchsetzung der Politik der Reichsregierung überwachte, ansonsten aber nur begrenzte Einflussmöglichkeiten hatte. 1947 starb Epp in Internierungshaft.
Hermann Esser gehörte in den 1920er-Jahren zum engsten Umfeld Hitlers. Er wurde erster Propagandaleiter der NSDAP und Redakteur beim „Völkischen Beobachter“. Im „Dritten Reich“ wurde Esser 1933 Landwirtschaftsminister, 1934 Wirtschaftsminister in Bayern. Esser geriet ab 1935 zunehmend ins Abseits und musste seine Ministerposten aufgeben. Nach 1945 wurde Esser zunächst als „Mitläufer“, 1949 als „Hauptschuldiger“ eingestuft. Nach seiner Haftentlassung 1952 arbeitete er als leitender Angestellter im Bayerischen Reisebüro.
1919 veröffentlichte Gottfried Feder eine Schrift, in der er behauptete, die großkapitalistische Zinspolitik sei Teil einer jüdischen Weltverschwörung und verantwortlich für die schlechte Lage in Deutschland. Hitler war von den Thesen begeistert. Feder wurde eine Art wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der NSDAP. 1925 wurde er Reichstagsabgeordneter für die NSDAP. Als sich das NS-Regime 1933 von seinem antikapitalistischen Kurs abwendete, geriet Feder ins Abseits und wurde mit untergeordneten Ämtern abgefunden.
Unter Wilhelm Frick und seinem Chef, dem Polizeipräsidenten Ernst Pöhner, wurden rechtsradikale oder antisemitische Rechtsbrüche in München nachsichtig oder gar nicht geahndet. 1923 war Frick einer der Hauptakteure des „Hitlerputsches“. 1925 trat er der NSDAP bei, deren Fraktionsvorsitz im Reichstag er 1928 übernahm. Anfang 1930 verließ Frick Bayern, um Innenminister in Thüringen zu werden. 1933 wurde er Reichsinnenminister, 1943 Reichsprotektor in Böhmen und Mähren. Als einer der Hauptkriegsverbrecher wurde Frick 1946 vom Internationalen Militärgerichtshof zum Tode verurteilt.
Ernst Hanfstaengl, hochgebildet und lange in den USA lebend, trat 1922 der NSDAP bei. Er nutzte seine Kontakte, um der Partei immer neue Geldquellen zu erschließen. 1931 wurde er Auslands-Pressechef der NSDAP. Nach 1933 verschlechterten sich Hanfstaengls Position in der Partei und seine Beziehung zu Hitler. Er emigrierte 1937 nach England. 1942 wurde er in die USA überstellt, wo er 1942 Berater von Präsident Roosevelt wurde. 1946 kehrte Hanfstaengl nach Deutschland zurück.
Der diplomierte Landwirt Heinrich Himmler trat 1923 in die NSDAP ein, in der ihm bald ein rasanter Aufstieg gelang. 1929 wurde er Reichsführer der SS, 1936 Chef der deutschen Polizei. Dies ermöglichte es ihm, ein gefürchtetes Macht- und Terrorinstrument zu schaffen, das das Fundament der NS-Diktatur bildete. Kontinuierlich häufte Himmler Ämter an, die ihm eine beinahe unangefochtene Stellung im NS-Staat verschafften. Himmlers Person steht symbolisch für die Verbrechen des NS-Regimes. Sein Terrorapparat war verantwortlich für die Verfolgung und Ermordung von Millionen von Juden, Regime-Gegnern und anderen Menschen in den besetzten Gebieten.
1920 trat Heinrich Hoffmann der NSDAP bei und stellte seine Fotografentätigkeit in den Dienst der Partei. 1923 entstanden erste Hitlerporträts, später wurde er zum „Leibfotografen“ Hitlers. Somit hatte er großen Einfluss auf die nationalsozialistische Propaganda und die Etablierung des Führerkults. Hoffmann trug auch die Verantwortung bei der Vorauswahl der Kunstwerke, die auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ in München gezeigt wurden. Nach dem Krieg wurde Hoffmann als „Hauptschuldiger“ eingestuft, aber bereits 1950 aus der Haft entlassen. Seine Fotos dienten in den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen als Beweismittel für die Anklage.
Nach dem Ersten Weltkrieg war Rudolf Heß im Freikorps Epp an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt. 1920 lernte Heß Hitler kennen, dessen fanatischer Anhänger er wurde. 1925 wurde Heß Hitlers Privatsekretär und 1933 dessen Stellvertreter. Heß war einer der wichtigsten Akteure der antisemitischen Rassenpolitik der Nationalsozialisten. 1941 flog er auf eigene Faust zu Sondierungsgesprächen nach England, wo er inhaftiert wurde. Der internationale Militärgerichtshof in Nürnberg verurteilte ihn 1946 zu lebenslanger Haft. Im Kriegsverbrechergefängnis Spandau beging Heß 1987 Selbstmord. Sein Leichnam wurde in Wunsiedel begraben. An seinem Todestag pilgerten jährlich zahlreiche Neonazis auf den Friedhof. 2011 wurde das Grab aufgelöst, der Leichnam exhumiert, verbrannt und auf See bestattet.
1916 wurde Erich Ludendorff Erster Generalquartiermeister und Stellvertreter Paul von Hindenburgs, des Chefs der Obersten Heeresleitung. Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich Ludendorff zum Sammelpunkt republikfeindlicher Kräfte. 1920 beteiligte er sich am Kapp-Putsch, 1923 ist er einer der führenden Köpfe des „Hitlerputsches“. In der Folgezeit verschlechterte sich jedoch sein Verhältnis zu Hitler. Ludendorff scheiterte bei der Wahl zum Reichspräsidenten 1925 und zog sich weitgehend aus der Politik zurück.
Ernst Röhm trat früh in die NSDAP ein und war 1923 maßgeblich am „Hitlerputsch“ beteiligt. Er wurde in der Folgezeit mit der Führung der SA betraut, die er zum schlagkräftigen Arm des Nationalsozialismus mit über 400.000 Mitgliedern ausbaute. Die SA war hauptverantwortlich für die Gewalt gegen politische Gegner. Röhm geriet zunehmend in Konkurrenz zu Hitler, der Röhm 1934 verhaften und erschießen ließ. Die SA verlor in der Folge ihre Stellung im NS- Regime an Himmlers SS.
1923 trat Hans Schemm der NSDAP bei. Er baute die Parteiorganisation in Oberfranken auf, gründete 1925 in Bayreuth eine Ortsgruppe und den NS-Gau Oberfranken sowie 1929 den Nationalsozialistischen Lehrerbund. 1933 wurde er Gauleiter der „Bayerischen Ostmark“. Im gleichgeschalteten Bayern wurde Schemm Kultusminister und von Hitler zum „Leiter der kulturellen und erzieherischen Angelegenheiten Bayerns“ berufen. Im März 1935 kam Schemm bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Gregor Strasser beteiligte sich 1923 am „Hitlerputsch“. 1925 wurde er von Hitler mit dem Aufbau der Parteiorganisation in Norddeutschland betraut. Strasser gelang es, die NSDAP zu einer gesamtdeutschen Massenpartei auszubauen. Seine Zugehörigkeit zum antikapitalistischen, sozialrevolutionären Flügel der NSDAP brachte ihn in Gegensatz zu Hitler. Die Spannungen eskalierten, als Strasser im Dezember 1932 von Reichskanzler von Schleicher die Vizekanzlerschaft angeboten bekam. Strasser verzichtete und trat von allen Parteiämtern zurück. Infolge des „Röhm-Putsches“ wurde Strasser im Juni 1934 umgebracht.
Julius Streicher gründete 1922 in Nürnberg eine Ortsgruppe der NSDAP. 1929 wurde er Gauleiter von Mittelfranken. Als Politiker und Publizist vertrat Streicher einen radikalen, vulgären Antisemitismus. Sein wichtigstes Vehikel dafür war das Hetzblatt „Der Stürmer“. Die von ihm forcierten „Arisierungen“ in Franken nutzten Streicher und seine Umgebung zu schamloser Selbstbereicherung, was 1938 ein Untersuchungsverfahren zur Folge hatte. 1940 wurde er allen Ämtern enthoben. 1945 wurde Streicher im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt.
Der aus einfachen Verhältnissen stammende Christian Weber trat 1920 in die NSDAP ein. Von 1921 bis 1923 war er Sicherheitsbegleiter von Hitler. 1926 wurde Weber Mitglied des Münchner Stadtrats und 1935 dessen Präsident. Seine Stellung nutzte er rücksichtlos zum eigenen Vorteil, häufte durch seine gewalttätige Geschäftstüchtigkeit und seine Korruption ein Vermögen an. Anfang Mai 1945 wurde Weber in der Nähe von Starnberg verhaftet und kam kurz darauf bei einem Verkehrsunfall ums Leben.