Vorstellungen von einem Volk als Gemeinschaft gab es bereits vor der NS-Herrschaft. Auch Kaiser Wilhelm II. appellierte an die „Volksgemeinschaft“. Sein Ziel war der Zusammenhalt der Bevölkerung im Ersten Weltkrieg.
Im Nationalsozialismus sollte die „Volksgemeinschaft“ hingegen die Lösung aller politischen und sozialen Gegensätze der Weimarer Republik sein. Demnach bildete die „Volksgemeinschaft“ eine solidarische Gemeinschaft der deutschen „Volksgenossen“ ohne Unterschiede im Hinblick auf Herkunft, Beruf, Vermögen und Bildung.
Mit Parolen wie „Gemeinnutz geht vor Eigennutz" appellierte die NS-Propaganda an die Einigkeit und Einheitlichkeit, womit sich durchaus ein großer Teil der Bevölkerung identifizierte. Inszeniert wurde die „Volksgemeinschaft“ durch Massenveranstaltungen und Aufmärsche, so während der Reichsparteitage in Nürnberg. Sammelaktionen wie für das Winterhilfswerk (WHW) sollten eine identitätsstiftende Solidarität vermitteln.
Zugleich definierte die NS-Ideologie die „Volksgemeinschaft“ nach von ihr festgelegten „rassenbiologischen“ Gesichtspunkten. So waren die als minderwertig geltenden „Rassen“, insbesondere die Juden, von vornherein von dieser Gemeinschaft ausgeschlossen. Auch sogenannte „Volksschädlinge“ gehörten nicht zur „Volksgemeinschaft“, also Menschen, die laut NS-Rassenideologie zwar arischer Abstammung, aber politisch anderer Meinung waren oder die zum Beispiel aufgrund einer Behinderung oder als „Arbeitsscheue“ nicht als „nützlich“ angesehen wurden. Nur der, der auch die Weltanschauung der Nationalsozialisten teilte und für ihre Ziele voll einsatzfähig war, gehörte zur „Volksgemeinschaft“ und war „Volksgenosse“. Einen entscheidenden Beitrag zur Erziehung und Prägung der Menschen im Sinne dieser „Volksgemeinschaft“ leisteten die NS-Organisationen wie die Hitlerjugend, die SA oder die NS-Volkswohlfahrt.
Die „Volksgemeinschaft“ beruhte nach innen also – dem Anschein nach – auf Solidarität, Zusammenhalt und Gleichheit, nach außen jedoch auf rücksichtsloser Ausgrenzung. Der Idee der „Volksgemeinschaft“ kam damit eine zentrale Funktion bei der Etablierung der NS-Diktatur zu. Zugleich dienten der stets propagierte Zusammenhalt und die Kameradschaft unter den „Volksgenossen“ zur Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg.
„Kraft durch Freude“ (KdF)
Die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" (KdF) wurde am 27. November 1933 gegründet und war die populärste Organisation im Nationalsozialismus. Sie veranstaltete unter anderem Nah- und Fernreisen und Veranstaltungen, die der Entspannung und Erholung dienten. Durch die KdF hatten erstmals auch die Arbeiter die Möglichkeit, sich solche bisher der gehobenen Mittelschicht vorbehaltenen Privilegien zu leisten. Die Organisation KdF sollte letztlich dazu dienen, eine klassenlose Gesellschaft im Sinne der NS-„Volksgemeinschaft“ umzusetzen.
Die Reisen der KdF führten auch nach Bayern, beispielsweise in das vom Tourismus noch wenig entdeckte Grenzland im bayerischen Wald („Bayerische Ostmark“), um so die heimische Wirtschaft zu fördern. In den etablierten Kurorten wie Garmisch-Partenkirchen oder Bad Reichenhall waren die Billig-Touristen der KdF dagegen unbeliebt. Sie vergraulten durch ihr lautes und ungehobeltes Verhalten die betuchten Stammgäste.
„Winterhilfswerk“ (WHW)
Das Winterhilfswerk (WHW) wurde im September 1933 gegründet. Es diente der Bekämpfung der Folgen von Arbeitslosigkeit und Armut. In den Wintermonaten wurde mittels Haus- und Straßensammlungen sowie durch den Verkauf von Abzeichen Geld für Bedürftige gesammelt. Das WHW unterstand der Aufsicht des Propagandaministeriums und war eine der bekanntesten NS-Organisationen, mit der die Menschen im Alltag zu tun hatten. Ziel war es, dass sich alle Bevölkerungsschichten solidarisch und sozial für andere einsetzten. Das WHW diente wie viele andere NS-Organisationen aber auch der Selbstkontrolle der „Volksgemeinschaft“: Denn wer sich nicht an den pausenlos durchgeführten Sammlungen beteiligte, machte sich verdächtig und musste mit Repressionen rechnen.
„Hilfswerk Mutter und Kind“ (Hilfswerk MuK)
Das Hilfswerk Mutter und Kind wurde 1934 gegründet und betreute Schwangere sowie junge Mütter und deren Nachwuchs. Mit Hilfe der NS-Schwesternschaft wurden Untersuchungen und Impfungen von Kleinkindern sowie Kinderspeisungen durchgeführt oder Mütterfreizeiten angeboten. Ziel der Nationalsozialisten war es, die Geburtenrate zu steigern und die Frauen auf das von ihnen vorgegebene Rollenbild als treusorgende Mutter und Ehegattin festzulegen.
„Der Reichsnährstand“
Unmittelbar nach ihrer Machtübernahme begannen die Nationalsozialisten mit der Gleichschaltung in der Landwirtschaft. Mit dem „Gesetz über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes" vom 13. September 1933 wurden schließlich alle in der Landwirtschaft, in der Fischerei und im Gartenbau tätigen Personen, Betriebe, Verbände und Landwirtschaftskammern zwangsvereinigt. Zu den zentralen Aufgaben des Reichsnährstands gehörten die Produktion, der Vertrieb und die Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Ein großes Anliegen des Reichsnährstands war zudem, die Landflucht und den Rückgang der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft aufzuhalten. Propagiert wurde stets das Ideal des heimatverbundenen, vorindustriellen Bauerntums.
„NS-Volkswohlfahrt“ (NSV)
Gegründet wurde die NS-Volkswohlfahrt zunächst als lokaler Selbsthilfeverein 1932 in Berlin. Im Nationalsozialismus jedoch wurde sie zur zweitgrößten Massenorganisation des Deutschen Reiches. Im Mittelpunkt der NSV-Tätigkeit standen die Gesundheitsfürsorge, Vorsorgeuntersuchungen sowie die medizinische Betreuung. Ihr untergeordnet waren sämtliche Wohlfahrtseinrichtungen, Gesundheitsprogramme und sozialfürsorgerischen Initiativen. Die NSV leistete damit einen sehr wichtigen Beitrag zur Selbstdarstellung des NS-Regimes.