Atlas zum Wiederaufbau

Landsberg am Lech

Ab 1944 wurde bei Landsberg der größte KZ-Außenlager-Komplex des Deutschen Reichs errichtet, der Mitte April 1945 geräumt wurde. Transportzüge mit KZ-Häftlingen wurden versehentlich von alliierten Bomben getroffen. Während des Einmarsches der US-Truppen kam es zu Feuergefechten mit deutschen Einheiten. Nach Kriegsende wurde am 11.05.1945 ein Auffanglager für Displaced Persons eingerichtet, das nach kurzer Zeit mit 7.000 Personen belegt war.

Neugründung

1944 wurde um Landsberg und Kaufering der größte KZ-Komplex des Deutschen Reiches errichtet. Die 14 KZ-Aussenstellen "Kaufering" sollten einerseits einen Rüstungsschub zur Kriegswende generieren und andererseits zur "Endlösung" der Judenfrage beitragen. Die ersten Transport mit KZ-Häftlingen aus den östlichen Reichsgebieten trafen im Juni und Juli 1944 ein.

Angriffe

• 1943/1944:
 - durch ungezielte Bombennotabwürfe Verluste und Zerstörungen in umliegenden Dörfern
 - Luftkämpfe im Gebiet Landsberg und Absturz mehrerer Flugzeuge in der Umgebung
• ab 1944: Tieffliegerangriffe auf Eisenbahnzüge und Fahrzeugkolonnen
• 26. April 1945: US-Luftangriff auf einen SS-Transportzug mit KZ-Häftlingen
• 27. April 1945: versehentlicher US-Tieffliegerangriff auf einen SS-Transportzug mit KZ-Häftlingen bei Schwabhausen

Tote und Verletzte

• durch Luftangriff am 26. April 1945: zahlreiche tote KZ-Häftlinge durch US-Beschluss des Zuges, bzw. durch SS-Beschuss nach Flug aus dem beschossenen Zug
• durch Tieffliegerangriff am 27. April 1945: ca. 1.000 tote KZ-Häftlinge
• mehrere Tote durch US-Artilleriebeschuss und Verteidigungskämpfe am 27. April 1945

Schäden

• Beschädigungen durch US-Artilleriebeschuss und Verteidigungskämpfe am 27. April 1945:
 - Gymnasium
 - Bayertor
 - Anwesen am Hofgrabeneingang

Kriegsende

• seit Mitte April 1945: Räumung der KZ-Aussenstellen "Kaufering" und Gewaltmärsche ("Todesmärsche") der KZ-Häftlinge, u.a. nach München
• 26. April 1945:
 - Plünderung der Proviantlager der Stadt durch die Bevölkerung
 - Bürgermeister erreicht beim Kampfkommandanten den Abzug der Truppen während der Nacht
• 27. April 1945:
 - Einmarsch der US-Armee in die Weststadt
 - Feuergefechte zwischen US-Armee und Volkssturm bzw. "Werwolf"-Kräften
 - vom Leitenberg aus Beschuss von US-Panzern am Hindenburgring durch "Werwolf"
 - Aufzug der weißen Fahne am Kirchturm
 - Vordringen der US-Armee durch die Staustufe Pössing auf das rechte Lechufer und zum Hauptplatz
 - Befreiung der letzten zurückgebliebenen Häftlinge in den KZ-Aussenlagern durch die US-Armee
• 28. April 1945:
 - US-Panzer rücken über die kaum beschädigte Kauferinger Eisenbahnbrücke vor und besetzen von Norden und Osten her das restliche Stadtgebiet

Spuren des Krieges

• Friedhöfe mit Massengräbern der ehemaligen KZ-Häftlingen, sowie Gedenksteine für die ehemaligen KZ-Häftlinge der "Kauferinger-Aussenlager, u.a. im Erpftinger Wald, der ehemaligen Kiesgrube und im heutigen Industriegebiet
• Die Friedhöfe wurden auf Anordnung der US-Amerikaner im Herbst 1945 durch ehemalige NSDAP-Mitglieder errichtet und 1950 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht.
• Reste des KZ-Lagers finden sich im Erpftinger Wald.

Ausgangslage

Einwohnerzahlen:
1939: 10.054
1946: 11.946
1955: 12.100
1961: 13.413
1968: 14.372
Flüchtlinge und Heimatvertriebene:

• ab 1943: Unterbringung von Ausgebombten und Evakuierten in Landsberg
• 1944: Errichtung von Behelfsheimen für Ausgebombte aus München (Gartenstraße)
• kurz vor Kriegsende: Eintreffen der ersten Flüchtlinge aus den Ostgebieten
• 11. Mai 1945: Errichtung eines Auffanglagers für Displaced Persons in der Saarburgkaserne
 - die Belegung wächst binnen kurzer Zeit auf über 7.000 Personen an
 - 1951: Auflösung des Lagers und Übernahme durch die Amerikaner als Kaserne
• 13. September 1950: 1.882 Heimatvertriebene (11.733 Einwohner insgesamt)

Wiederaufbau

Pläne und Ideen:

• nach 1945: kontinuierliche Ausweisung und Erschließung neuer Bau- und Siedlungsgebiete zur Linderung der Wohnungsnot, u.a. durch Mithilfe neu entstandener Baugenossenschaften und Bauträger wie der Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgenossenschaft (z.B. Errichtung neuer Wohnanlagen an der Benedikt-Hagg-Straße und der Augsburger Straße durch die Gemeinnützige Baugenossenschaft)

Umsetzung:

• Errichtung einer Behelfsbrücke durch die US-Amerikaner auf den Resten der gesprengten Karolinenbrücke
• 1947/1948:
 - Neubau der Sandauer Brücke und der Mühlbachbrücke am Sandauer Tor sowie der Brücke über die Eisenbahn in der Augsburger Straße
 - Volkshochschule
 - Fassadenrenovierung an der Klosterkirche (weitere 1951, 1955/1957 und 1973/1974)
 - Jugendstation an der Gartenstraße (TSV)
• 1949/1950:
 - Errichtung eines Steges über den Lech
 - Mädchenrealschule
 - Evangelische Konfessionsschule/Volksschule
 - Landwirtschaftliches Schulgebäude
 - Trennung der Berufsschule in eine gewerbliche Berufsschule für Knaben und eine Berufsschule für Mädchen
 - Erweiterung des Friedhofs nach Norden
 - Wiederaufbau der Turnhalle an der Lechstraße
• 1951/1952:
 - Neubau der Karolinenbrücke
 - private Handelsschule
 - Kindergarten St. Martin an der Lechstraße
 - Innenrenovierung der Klosterkirche
 - Renovierung der Spöttinger Kirche
 - Ausbau des Jugendheims an der Malteserstraße durch die Katholische Jugend
 - Sportplatz an der Weiherstraße
• ab 1953:
 - zweite Evangelische Pfarrei (1955)
 - Kunsteisstadion (1955)
 - neues Realschulgebäude (1956)
 - Kinderhort im Kindergarten an der Lechstraße (1956)
 - Schießstätte Sandau (1956)
 - Weststadtschule (Volksschule 1959)

Literatur

DREXL, Walter: Politik und Alltag. Landsberg 1920-1948, Landsberg 1998.
EIBER, Ludwig: Hitlers Bunder - Hitler Gefangene: Die KZ-Lager bei Landsberg, in: Volker Dotterweich / Karl Filser (Hrsg.): Landsberg in der Zeitgeschichte. Zeitgeschichte in Landsberg, München 2010, S. 311-349.
LICHTENSTERN, Anton: Landsberg am Lech - Geschichte und Gestalt. Vortrag bei der internationalen Tagung der Arbeitsgemeinschaft "Die alte Stadt" am 10.05.2001 im Festsaal des Landsberger Rathauses.
REGELE, Herbert (Hrsg.): Chronik der Stadt Landsberg am Lech, 2. Aufl., Landsberg 1987.
STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1952. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1952, S. 490.
STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1955. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1955, S. 18.
STATISTISCHES JAHRBUCH FÜR BAYERN 1969. Hrsg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, München 1969, S. 19.