Bekanntmachung. Seine Majestät der König haben die Mobilmachung der Armee befohlen.
[…]
2. Sämtliche Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes einschließlich der Ersatz-Reservisten, haben sich zu der auf den Kriegsbeorderungen angegebenen Zeit an dem bezeichneten Orte pünktlich einzufinden;
[…]
4. Wer dem obigen Befehl nicht Folge leistet, verfällt in strenge Bestrafung nach den Kriegsgesetzen.
[…]
6. Sämtliche Einberufenen haben, um ihren Bestellungsort zu erreichen, freie Eisenbahnfahrt ohne Lösung einer Fahrkarte und ohne vorherige Anfrage am Schalter, lediglich gegen Vorzeigung der Kriegsbeorderung oder anderer Militärpapiere an Organe der Fahrkartenkontrolle.
Der kommandierende General des III. Armeekorps
Nach dem Attentat von Sarajevo am 28. Juni 1914 versagten alle diplomatischen Versuche, einen Krieg abzuwenden – zu groß war die Bereitschaft, den Konflikt mit militärischen Mitteln zu beenden. Am 1. August 1914 trat Deutschland in den Krieg ein. Mit der Mobilmachung der Truppen erreichte die Weltpolitik auch Kelheim: Der Altmühl-Bote vom 4.8.1914 informierte die Bevölkerung ausführlich über den Ablauf der Mobilisierung. Wer dem Mobilmachungsbefehl nicht Folge leistete, dem drohten harte Strafen.
Es fanden zahlreiche Abschiedsfeiern für die in den Krieg ziehenden ca. 280 Kelheimer Reservisten statt, auf denen diese als schon bald zurückkehrende Sieger gefeiert wurden. Doch auch wenn zu Kriegsbeginn tatsächlich viele mit einem baldigen, siegreichen Ende des Krieges rechneten, kann von einer allgemeinen Kriegsbegeisterung für Kelheim keine Rede sein: Weniger als 5% aller Kelheimer im Kriegsdienst waren Kriegsfreiwillige. Mit Verlauf des Krieges machte sich zunehmend Ernüchterung breit.
Die Heeresleitung konnte dennoch auch kleine Erfolge als große Siege verkünden oder gar Niederlagen umdeuten, um die Stimmung wieder zu heben. Dies war vor allem der Desinformation der Bürger über den Kriegsverlauf geschuldet.
Oestlich von Paris fand bei Meaux ein mehrtägiger Kampf statt. Die Deutschen machten eine schöne Siegesbeute. Als aber neue feindliche Kräfte nahten, mußte der Flügel unserer Truppen zurückgenommen werden. Da der Feind an keiner Stelle folgte, kann von einem fluchtartigen Rückzug nicht die Rede sein. Man wird annehmen müssen, daß die am weitesten vorgedrungene Spitze unserer Heeresmassen zu schwach war, um den Kampf mit einem an Zahl weit überlegenen Feind aufnehmen zu können. Doch ist schließlich das Ringen um die Festungen des lothringischen Grenzgürtels vorläufig wichtiger als die Operationen vor Paris. […]
Der Autor verharmlost und beschönigt die deutsche Niederlage an mehreren Stellen im Text. Zum einen schreibt er, dass die Deutschen nur durch neue Truppen des Feindes zum Rückzug gezwungen worden seien, da dieser „an Zahl weit überlegen[…]“ war, und die Deutschen trotzdem eine „schöne Siegesbeute“ erobert hätten. Zum anderen seien die deutschen Truppen nicht geflüchtet, was eine Demütigung bedeutet hätte, sondern hätten sich freiwillig und aus strategischen Gründen zurückgezogen, wodurch der deutsche Stolz nicht verletzt wurde. Zuletzt weist der Autor noch darauf hin, dass der Verteidigung der lothringischen Grenze eine höhere Priorität als den „Operationen vor Paris“ einzuräumen sei.
Der deutsche Vormarsch durch Frankreich begann am 2. August 1914 und war bis zur Marne erfolgreich. Dort wurde er jedoch am 5. September 1914 durch eine überraschende französisch-englische Gegenoffensive gestoppt, die die Deutschen ab dem 9. September zum Rückzug an die Aisne zwang und sie dann am 12. September 1914 schlussendlich besiegte.
Nach der ersten Schlacht an der Marne war der Schlieffen-Plan gescheitert und der „Wettlauf zum Meer“ Richtung Nordsee begann. Auch die Art der Kriegsführung änderte sich: An der Westfront beherrschte nun der Stellungskrieg das Geschehen. Der nach der Entlassung von Helmuth von Moltke neue deutsche Heeresleiter Erich von Falkenhayn sah den Krieg als verloren an und plädierte vergeblich für Frieden. Ganz anders war die Bewertung der Schlacht in Frankreich, denn schon bald sprach man dort auch vom „Wunder an der Marne“.