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Gelebte Demokratie in Bayern

Der Begriff „Demokratie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Herrschaft des Volkes“. In einem demokratischen Staat dürfen sich die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger aktiv am politischen Geschehen beteiligen.

Es gibt verschiedene Formen von Demokratie:

In einer direkten Demokratie stimmt jede wahlberechtigte Person über konkrete politische Sachfragen direkt ab, Volksvertreter gibt es keine. Ein Land mit einer reinen direkten Demokratie existiert nicht, die Verfassung der Schweiz kommt mit ihren plebiszitären Elementen einer solchen wohl am nächsten. In einer repräsentativen Demokratie dagegen wählt das Volk Abgeordnete, die über politische Sachfragen abstimmen. Letztere gliedert sich in eine präsidiale – mit einem starken Präsidenten an der Spitze, wie in den USA, – und eine parlamentarische Form, die im Freistaat Bayern (und ebenso der Bundesrepublik Deutschland) gilt:

 

In Bayern wählt das Volk Abgeordnete, die in Parteien organisiert sind. Die Abgeordneten bilden das Parlament, also den Bayerischen Landtag, dieser wiederum wählt die Ministerpräsidentin oder den Ministerpräsidenten Bayerns. Die Parteien spielen daher eine sehr wichtige Rolle. Neben der Bildung der Regierung gehören die Gesetzgebung, das Haushaltsrecht und die Kontrolle der Staatsregierung zu den wichtigsten Aufgaben des Bayerischen Landtags.

Die Bayerische Verfassung beinhaltet – im Gegensatz zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland – auch Elemente der direkten Demokratie: Gemäß der Bayerischen Verfassung hat jede Bürgerin und jeder Bürger das Recht, unmittelbar an der Gesetzgebung mitzuwirken: Durch ein Volksbegehren, das von mindestens einem Zehntel der Stimmberechtigten unterschrieben sein muss, können Gesetzesvorlagen in den Landtag eingebracht werden. Lehnt der Landtag den Gesetzentwurf ab, kommt es zum Volksentscheid und die Bürgerinnen und Bürger stimmen direkt über die Gesetzesvorlage ab. Seit 1946 wurden in Bayern 21 Volksbegehren und 19 Volksentscheide durchgeführt. Laut der Bayerischen Verfassung kann auf Antrag von einer Million Stimmberechtigter durch Volksentscheid sogar der Landtag abberufen werden!

Außerdem können sich die Wahlberechtigten an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof wenden, wenn sie sich durch die Entscheidung einer bayerischen Behörde oder eines bayerischen Gerichts in ihren von der Bayerischen Verfassung garantierten Rechten verletzt fühlen oder wenn sie Bedenken haben, dass ein Gesetz die Grundrechte einschränkt.

Die Bayerische Verfassung trat auf Betreiben der US-amerikanischen Besatzungsmacht bereits 1946 in Kraft, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland folgte 1949.

Die Bundesrepublik ist als föderaler Bundesstaat organisiert. Deswegen sind die staatlichen Aufgaben zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Die Länder sind zum Beispiel für Schulangelegenheiten verantwortlich, der Bund hingegen bspw. für die Verteidigung.

Arbeitsaufträge

  • Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Bayerische Verfassung nicht das Gesprächsthema Nummer eins in der bayerischen Bevölkerung.
    • Überlegt euch in Partnerarbeit mögliche Gründe hierfür. Bezieht dabei eure Kenntnisse über die unmittelbare Nachkriegszeit mit ein.

    • Georg Wulffius berichtet über die Themen, die die Menschen in Bayern nach einer Auswertung von Leserbriefen 1946 am meisten interessierte. Überprüft, ob eure Überlegungen mit den Leserbriefen von 1946 übereinstimmen.

  • Neben dem Engagement in einer Partei oder in politischen Gremien als Abgeordneter im Landtag bietet die Demokratie auch immer die Möglichkeit des Protests, um sich politisch Gehör zu verschaffen. Ein besonderes Beispiel hierfür sind die Proteste gegen die Wiederaufarbeitungsanlage von Kernbrennstäben für Atomkraftwerke (WAA) im oberpfälzischen Wackersdorf, Landkreis Schwandorf, in den 1980er-Jahren.
  •                Kurzinfo zu Wackersdorf: Der Bedarf an Energie für die Industrie war seit Kriegsende enorm gestiegen, Bayern setzte vor allem auf Atomstrom, da fossile Energieträger wie Steinkohle im Freistaat kaum vorhanden waren. Von der Errichtung der WAA im Landkreis Schwandorf erhoffte sich die Politik zum einen mehr Arbeitsplätze, zum anderen auch wenig Protest von Seiten der dortigen Bevölkerung. Die Bürgerinnen und Bürger allerdings begannen sich bald gegen die WAA zu organisieren. Die Gründe waren die Angst vor einer Strahlenbelastung und die fehlende Einbindung in die politischen Entscheidungen. Eine kurze Zusammenfassung zum Thema findet sich im Kapitel „Ziviler Ungehorsam und Gewalt: Der Streit um die WAA Wackersdorf“ zur Anti-Atomkraftbewegung im Historischen Lexikon Bayerns.
    • Informiert euch im Klassenverband über einige der Gründe gegen den Bau der WAA. Hört euch hierzu die Meinungen von Pfarrer Andreas Schlagenhaufer und Ulrich Lenz an.

    • Sucht euch in Partnerarbeit eines der folgenden Zeitzeugeninterviews aus und notiert die Form(en) des Protests gegen den Bau der WAA. Folgende Interviews stehen zur Auswahl: Erna Wellnhofer, Alfred Wolfsteiner, Rudi Sommer, Pfarrer Andreas Schlagenhaufer, Ulrich Lenz und Brigitte Hese.

    • Besprecht eure Ergebnisse in der Klasse. Überlegt gemeinsam, welche aktuellen Protestbewegungen euch bekannt sind und welches die Gründe hierfür sind.

  • Informiert euch in Gruppenarbeit im interaktiven Verfassungsschema der virtuellen Ausstellung zur Bayerischen Verfassung, welche Möglichkeiten seit 1946 bestehen, euch politisch einzubringen.

    • Überlegt euch zuerst ein gemeinsames Thema, das ihr gerne verwirklichen würdet: Was stört euch, was würdet ihr gerne ändern oder verändern. Das können Themen sein, die euch unmittelbar betreffen, in Schule, Freizeit, Gesellschaft oder Umwelt.

    • Erarbeitet eine Strategie, wie ihr euer Vorhaben mit den demokratischen Möglichkeiten in Bayern durchsetzen könnt. Berücksichtigt dabei jedoch auch Gründe, die euer Vorhaben scheitern lassen können.

    • Beurteilt, welche Rolle der im Jahr 2000 abgeschaffte Senat für euer Vorhaben spielt bzw. gespielt hätte.

    • Überlegt euch zudem Argumente, die wiederum andere von eurem Vorhaben überzeugen sollen.

    • Stellt eurer Vorhaben der Klasse vor. Diese darf durchaus beurteilen, ob eure Kampagne Aussicht auf Erfolg hätte. Natürlich immer mit Begründung!

  • Zeitzeugengespräch mit den Großeltern:

    • Interviewt eure Großeltern zur Bayerischen Verfassung. Hierfür erstellt ihr gemeinsam in der Klasse einen Fragebogen. Folgende Fragen helfen euch dabei:

      • Was bedeutet für dich die Bayerische Verfassung?
      • Kennst du Inhalte/Besonderheiten der Bayerischen Verfassung? Wenn ja, welche?
      • Was hältst du von Volksbegehren und Volksentscheiden und warum?
      • Was schätzt du an der Bayerischen Verfassung und warum?
      • Welcher Posten in der Bayerischen Politik würde dich am meisten interessieren und warum?
      • Gibt es etwas, dass du an der Bayerischen Verfassung gerne ändern würdest und warum?
    • Wertet in Gruppen die Fragebögen aus. Wo sind Gemeinsamkeiten, wo liegen Unterschiede?

    • Stellt die Ergebnisse im Klassenverband vor. Welche Schlussfolgerungen lassen die Fragebögen zu?

  • Geht in der virtuellen Ausstellung zur Bayerischen Verfassung von 1946 auf Entdeckungsreise und klickt euch durch alle Bereiche. Sammelt spannende Fakten rund um Bayern und seine Verfassung und beteiligt euch an Landtagsdebatten. Zudem warten einige Spiele auf euch. Viel Spaß beim Entdecken!