„Gastarbeiter“ - ein Widerspruch in sich. Gäste arbeiten nicht. Mit diesem Begriff werden missverständlich Arbeitskräfte bezeichnet, die insbesondere ab 1955 zunächst aus Italien und später auch aus Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Südkorea, Portugal, Tunesien und Jugoslawien durch eigene Abkommen mit diesen Ländern zum Arbeiten in der Bundesrepublik Deutschland angeworben wurden.
Im „Wirtschaftswunderland“ herrschte in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren großer Arbeitskräftemangel, der mit der Anwerbung von „Gastarbeitern" bewältigt werden sollte. Diese Männer und in der Folge auch Frauen durften zeitlich befristet in der Bundesrepublik und in Bayern arbeiten und leben. Vor allem sollten sie aber nach Erfüllung ihres Arbeitsvertrags in ihre Heimatländer zurückkehren. Aufgrund einer sehr hohen Arbeitslosenquote hatten gleichzeitig aber auch die Anwerbeländer ein großes Interesse daran, Arbeitskräfte abzugeben. Insbesondere für die Menschen aus Süd- und Südosteuropa spielte der Münchner Hauptbahnhof eine zentrale Rolle in diesem Lebensabschnitt. Am Gleis 11 betraten sie nach einer langen Reise erstmals deutschen Boden. Es kamen täglich Sonderzüge mit bis zu 1.000 Menschen an. Vor Ort wurden sie von Dolmetschern empfangen und in einen Bunker geführt, wo das Landesarbeitsamt Südbayern eine Weiterleitungsstelle eingerichtet hatte. Hier wurden die Anforderungen der Unternehmen aus ganz Deutschland koordiniert.
Die folgenden Zeitzeugenberichte liefern eindrucksvolle und persönliche Einblicke in das Leben der sog. „Gastarbeiter", der ersten Generation an Arbeitsmigranten, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Bayern kamen und von denen einige hier den Rest ihres Lebens verbrachten.
In Folge der sog. Ölkrise und der sich eintrübenden Wirtschaftslage verfügte die Bundesregierung am 23. November 1973 einen Anwerbestopp. Etwa 380.000 „Gastarbeiter“ waren zu Beginn des Jahres 1973 in Bayern beschäftigt. Insgesamt waren bis zu diesem Anwerbestopp etwa 14 Millionen ausländische Arbeitskräfte in die Bundesrepublik gekommen, elf Millionen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Sie trugen als sog. erste Generation ganz wesentlich, meist durch körperlich anstrengende Arbeit, zum Erfolg der „Wirtschaftswunderjahre“ bei und können zurecht als Wegbereiter für kulturelle Vielfalt und die weiteren Generationen von Menschen aus Einwandererfamilien angesehen werden.